Karl Nolle, MdL
FAKTuell - die Onlinezeitung, 10.10.2001
In dubio pro Biedenkopf???
Kommentar von Christopher Ray
"Warum lügt Herr Nolle schon wieder?", fragt Ministerpräsident Kurt Biedenkopf in seiner Pressemitteilung 196/2001, nachdem er, wie die SZ (Sächsische Zeitung) berichtet schon sehr massiv geworden war.
Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und seine Frau Ingrid wollen offensiver als bisher gegen den Vorwurf vorgehen, sie hätten aus der Investition ihres Freundes Heinz Barth in den Bau des Behördenzentrums Leipzig-Paunsdorf persönliche Vorteile gezogen. Gleichzeitig gab es einen scharfen Angriff auf den SPD-Abgeordneten Karl Nolle, der den Regierungschef und seine Frau seit Monaten mit Vorwürfen der Vetternwirtschaft überschüttet. "Mit Nolle ist die SPD auf den Hund gekommen", schoss Biedenkopf gestern erstmals scharf zurück. Diese Meinung würde selbst ein Teil der Sozialdemokraten vertreten. -SZ-
Landespressekonferenz mit Biedenkopf am 9.10.01 (Video-Protokoll)
Frage an Biedenkopf wie er zum Antrag von Nolle steht, Ingrid Biedenkopf vor den UA Paunsdorf zu laden. Biko wörtlich: "Ich finde es geschmacklos, im höchsten Masse geschmacklos. Was Herrn Nolle angeht, wird er wahrscheinlich der wirksamste Wahlhelfer der CDU werden. Die SPD ist mit Nolle auf den Hund gekommen. Und das sagen mir alle SPD-Kollegen außerhalb Sachsens. Das sind Verhaltensweisen, die kann ich nicht mehr nachvollziehen."
In der Presseerklärung 196/2001 wird Biedenkopf genauer: Der SPD-Landtagsabgeordnete Nolle muss schon einen sehr starken Hass gegen den sächsischen Ministerpräsidenten und seine Frau hegen.
Wer Nolle kennt, der wird diese emotionale Unterstellung nicht teilen können.
Telefonisch bestätigte Karl Nolle uns, dass er:
a) mit seiner Frau sehr harmonisch zusammenlebt.
b) Hass weder gegen Biko noch gegen dessen Frau empfinde.
Andernfalls würde er nicht mit so viel Energie ständig neue Behauptungen oder Vorwürfe erfinden, um den Ruf des Ministerpräsidenten und seiner Frau zu beschädigen.
Wer Nolle´s Nachfragen kennt, der wird darin kein Behauptungen oder Vorwürfe finden - nur Nachfragen. Es mag sein, dass "Der kleine König" Kurt Biedenkopf es fast ein Jahrzehnt gewohnt war, dass sich in Sachsen keiner wagte irgendetwas in Frage zu stellen, was ihn und seinen Hofstaat betraf...
...insofern sollte man Karl Nolle wegen seiner Bemühungen die Demokratie auch in Sachsen zu reanimieren eher dankbar sein. Was natürlich für die direkt Betroffenen nicht so einfach sein dürfte, wie Biedenkopf´s PM 196/2001 zeigt.
Zunächst dichtete er der Familie Biedenkopf eine nationalsozialistische Tradition an und bekam für diese Ungeheuerlichkeit Ärger mit seiner eigenen Partei.
Karl Nolle ist ein beachtlicher Wirtschaftpolitiker, seine Qualitäten als Dichter sind eher marginal. Hätte er sich an der Familie Biedenkopf / Ries versucht, dann wäre der Raum für Dichtung ziemlich eng geworden. Dieses Thema hat vor ihm schon ein anderer vorzüglich abgehandelt:
Das Schwarzbuch Kohl, Wie alles begann - Bernt Engelmann
Großes Bundesverdienstkreuz - Bernt Engelmann
Und trotz vieler Versuche (vor diversen Gerichten) konnte man auch Engelmann nicht als Dichter entlarven.
Vielleicht sollte man Herrn Biedenkopf einmal darauf hinweisen, dass nicht jeder, der sich auf etwas den richtigen Reim machen kann auch zwangsläufig ein Dichter ist. Sofern man nicht Dichtung mit Erdichtung verwechselt, wie Biedenkopf das offensichtlich macht.
Siehe auch: Hier
Nachdem die Paunsdorf-Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten sich dann als falsch erwiesen, folgte die Erfindung der Grimma-Vorwürfe gegen dessen Frau. Als nun dies ins Leere lief, ging es mit dem Gerücht weiter, Frau Biedenkopf sei am Paunsdorf-Center beteiligt. Dort gab es ebenfalls Fehlanzeige. Nun folgt die Behauptung, die Familie versteuere ihre Einkünfte nicht, wie es sich gehört, in Dresden sondern in Düsseldorf.
Jeder, der sich mit Steuern auskennt, weiß, dass das gar nicht möglich ist. Der Ministerpräsident wird, zusammen mit seiner Frau wie jeder andere Bürger auch an seinem Wohnsitz steuerlich veranlagt. Das für Prof. Biedenkopf zuständige Finanzamt ist das Finanzamt Dresden 1 in der Lauensteiner Str. 37 in 01277 Dresden.
Auch hier irrt Biedenkopf - gleich mehrfach.
1. Die Paunsdorf-Vorwürfe, wie Biedenkopf hier verharmlost, sind natürlich noch nicht vom Tisch.
Nur weil der Hauptzeuge und Biedenkopf-Freund Barth plötzlich nachhaltig erkrankt ist, und nicht mehr vernommen werden kann, hat sich der Ausschuss noch nicht erledigt. Verdachtsmomente stehen nach wie vor im Raum. Ungeklärt!
Böse Zungen behaupten, dass Nolles Genesungswünsche an Barth weit herzlicher und aufrichtiger gemeint sind, als die seiner Busenfreunde.
2. Jeder der sich mit Steuern auskennt - der sollte wissen, dass es sehr wohl eine Steuerpflicht an diversen Wohnorten geben kann. Wohnsitzfinanzamt und Betriebsfinanzamt müssen nicht identisch sein. Vielleicht hätte Kurt Biedenkopf Georg Milbradt nicht so unmotiviert aus seinem Posten als Finanzminister entfernen sollen, der hätte ihn (zumindest!) in diesem Punkt sicher besser beraten können.
Wären die Aktivitäten von Herrn Nolle nicht rufschädigend, müsste man den ganzen Vorgang als Posse bezeichnen. Aber sie sind rufschädigend. Sie werden gedruckt, und es bleibt, das ist die Absicht, „immer etwas kleben“.
Genau das scheint doch eher der Sinn oder Zweck dieser PM 196/2001 zu sein:
Mal sehen, was an Nolle hängen bleibt. - Zumindest steht diesmal dessen Partei hinter ihm.
Deshalb auch hier: Solle Herr Nolle noch einmal behaupten, der Ministerpräsident versteuere seine Einkünfte in Düsseldorf anstatt in Dresden, werden nun auch in diesem Fall die Gerichte bemüht werden müssen. Ein Ministerpräsident muss viel aushalten können, auch ungerechte Kritik. Er muss sogar hinnehmen, dass der Rechtsgrundsatz „in dubio pro reo“, der eigentlich für jeden Bürger gilt, von Herrn Nolle ignoriert wird. Aber er darf sich auch wehren, wenn sein Ansehen systematisch beschädigt zu werden droht.
In dubio pro reo, lieber Herr Biedenkopf, heißt "Im Zweifel für den Angeklagten!"
Was Sie allerdings als Übersetzung anbieten, liest sich in Ihrem persönlichen Fall wie: Stellt die Ermittlungen und Nachfragen ein, auch wenn ihr an dem Angeklagten zweifelt. Und wer diesem Aufruf nicht folgt, der wird im günstigsten Fall als Possenspieler oder Lügner diffamiert, was diese ganze Angelegenheit in Richtung Schmierentheater abrutschen lässt.
Die Frage, warum Herr Nolle schon wieder lügt, kann nur er selbst beantworten. Seine Partei, die sächsische SPD, sollte ihn zuallererst fragen, warum er das tut. Und sie sollte sich selbst fragen, wie lange sie es sich noch gefallen lassen will, dass Herr Nolle nach seinem eigenen nun auch noch den Ruf der sächsischen SPD vollständig ruiniert.
Presseerklärung der SPD - als Antwort auf SZ und PM 196/2001:
Jüngste Äußerungen des Ministerpräsidenten, wonach die SPD „auf den Hund gekommen wäre“, sind vom Fraktionsvorsitzenden der SPD, Thomas Jurk, scharf zurückgewiesen worden.
Der Ministerpräsident hat offensichtlich nicht nur ein Problem, ihm ist jegliche Souveränität im Umgang mit den Abgeordneten des Sächsischen Landtages abhanden gekommen, sonst würde er nicht grundlos davon sprechen, dass Nolle von Hass getrieben sei.
Es gehe nicht an, dass Abgeordnete, die nicht mehr, aber auch nicht weniger tun, als der ihnen zugewiesenen Aufgabe nachzugehen, diffamiert würden. Nolle habe als Abgeordneter die ihm zustehenden Rechte genutzt und Fragen gestellt. Auch habe Nolle als Obmann der SPD im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss nur gesetzlich gesicherte Rechte in Anspruch genommen. Der Antrag, Frau Biedenkopf zu vernehmen sei mehr als verständlich, wenn mit Heinz Barth nun der Hauptzeuge bedauerlicherweise aus gesundheitlichen Gründen ausfalle.
Die Dünnhäutigkeit des Ministerpräsidenten habe nicht nur etwas damit zu tun, dass ihm bereits der Sächsische Rechnungshof eine saftige Rechnung im Fall Schevenstraße präsentiert hatte, die andere Ministerpräsidenten längst zum Rücktritt veranlasst hätten, sondern auch mit der Schlappe, die Biedenkopf auf dem CDU-Landesparteitag mit der Nichtwahl seines Wunschkandidaten erlitten.
Dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen.
Und dieses kaum ist in einem Satz erledigt: Wenn US- Präsident Georg W. Bush ebenso beratungsresistent wäre, wie das bei Sachsens (Noch-) Ministerpräsident Kurt Biedenkopf offenbar der Fall ist, dann befänden wir uns jetzt mitten im Dritten Weltkrieg.
(Christopher Ray)