Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 28.07.1999

Alte Freundschaft aufpoliert

Bundeskanzler Schröder besucht Druckereichef Karl Nolle
 
DRESDEN. Vor 36 Jahren traten sie gemeinsam in Hannover in die SPD ein. Bundeskanzler Gerhard Schröder war damals 19 und Karl Nolle 18 Jahre alt. Zehn Jahre später sind beide Gesellschafter der SOAK-Druckerei GmbH. Damals war Schröder Juso-Vorsitzender in Hannover, Nolle sein Stellvertreter. Doch als es Schröder stärker in die Politik zog, verkaufte er seine Anteile - an Nolles Ehefrau Christl. Auch wenn es politisch manchmal zwischen ihnen krachte, tat das der Freundschaft nie ernstlich Abbruch. 1986 war Nolle aus der SPD geflogen. Er hatte dafür geworben, die Zweitstimme den Grünen zu geben, um eine rot-grüne Koalition gegen die CDU zu erreichen. Erst zwölf Jahre später fand er wieder zur SPD. Nun will Nolle für die SPD in den Landtag. Am liebsten würde er auch in die Landesregierung - als Wirtschaftsminister. Wer kann da besser trommeln als der Freund aus alten Zeiten? So hatte Nolle extra für Schröder rund um sein Druckhaus Bärensteiner Straße 30 ein Sommerfest organisiert. Rund 600 Gäste hörten aufmerksam zu, als Schröder vom Schuldenberg sprach und davon, daß ein strikter Sparkurs unumgänglich sei. Nolle, fast doppelt so kräftig wie Schröder, himmelt den Kanzler an, er bringe Optimismus in den Aufbau Ost. Für diesen darf künftig Karl Nolle kräftig mitstrampeln: Schröder holt ihn und Gewerkschaftschef Hanjo Lucassen in die Kommission Aufbau Ost. In seinem Unternehmen schlägt Nolle schon neue Wege ein. So beteiligt er seit 1997 Mitarbeiter an der Gesellschaft, vorerst zwölf, ab Herbst sollen alle 60 die Möglichkeit dazu haben. Stolz führte er seinen Gast durch das Haus. Auf modernen Druckmaschinen liefen gerade die Titelblätter der Zeitschrift "Börse online", die hier wöchentlich in einer Auflage von 300 000 Stück gefertigt werden. Das Innenleben der Zeitschrift wird im Dresdner Druck- und Verlagshaus am Heller gedruckt. Ein anderes Extrem: Auf uralten Maschinen wurde in der Lichtdruckerei ein Gemälde von Konrad Zuse, dem Erfinder des Computers, gedruckt. In mühevoller Handarbeit mußten die Farbschichten manuell so gemixt werden, daß letztlich kaum ein Unterschied zum Original zu sehen ist. Das Treffen mit Schröder wird bald wiederholt. Am 27. August gehen sie in der Sächsischen Schweiz wandern. Am Abend zuvor wird in Chemnitz für die Wahl getrommelt.
(von Bettina Klemm)