Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 29.11.2001
Biedenkopf weist Vorwurf zurück: Untersuchungsausschuss nicht belogen
Landtagspräsident soll sich mit Fall befassen
Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat die Debatte um die Anmietung des Behördenzentrums Leipzig-Paunsdorf als "reine Groteske" kritisiert.
Dresden. In den vergangenen Tagen hatte der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle Ministerpräsident Kurt Biedenkopf erneut vorgeworfen, er habe bei der umstrittenen Anmietung des Behördenzentrums Paunsdorf durch den Freistaat Druck auf die Mietbedingungen zugunsten des privaten Investors Heinz Barth ausgeübt und den Untersuchungsausschuss zur Paunsdorf-Affäre belogen. "Ich habe dem Ausschuss weder Unterlagen vorenthalten, noch ihn belogen. Ich habe auch niemanden beeinflusst. Vielmehr wollte ich die Investition Behördencenter als Investorenmodell für den Freistaat", sagte Biedenkopf gestern der SZ. Der damalige Finanzminister habe die Mietbedingungen verhandelt. "Die Oberfinanzdirektion hat ihre Angemessenheit bestätigt. Die Investition hat sich bewährt. Dem Land ist kein Schaden entstanden," erklärte der Regierungschef.
Einen jetzt bekannt gewordenen Brief des Paunsdorf-Investors Heinz Barth, der mit Biedenkopf eng befreundet ist, über die Mietbedingungen habe er nicht einfach an den Finanzminister weitergeleitet, weil das Schreiben "Dinge enthielt, die ich mir nicht zu Eigen gemacht habe". Es sei "normal", dass ein Ministerpräsident bei einem größeren Projekt beim Investor nachfrage, wie der Stand der Dinge sei. "Wer das kritisiert, hat relativ wenig Ahnung, wie man Investitionen nach Sachsen holt", sagte Biedenkopf. Er habe sich für die Ansiedlung des Behördenzentrums eingesetzt, "genau so wie ich mich für BMW und Infineon eingesetzt habe. Das hat mit meiner Freundschaft zu Herrn Barth nichts zu tun."
Brief-Veröffentlichung als rechtswidrig kritisiert
Biedenkopf kritisierte, dass aus dem Untersuchungsausschuss des Landtages ein Schreiben Barths an den Ministerpräsidenten vom Juni 1993 in die Öffentlichkeit geraten ist, das die Konditionen beschreibt, zu denen der private Investor das Behördenzentrum an das Land vermieten will. Die Veröffentlichung dieses Briefes sei rechtswidrig, erklärte der Ministerpräsident. Nach Paragraf 9 des Untersuchungsausschuss-Gesetzes des Freistaates Sachsen sei es unzulässig, Beweismittel zu veröffentlichen, wenn sie nicht Gegenstand einer öffentlichen Verhandlung waren.
Es sei außerdem unzulässig, Beweismittel einzeln zu würdigen. "Ich nehme an, dass sich der Landtagspräsident damit befassen wird. Durch gezielte Veröffentlichung von aus dem Zusammenhang gerissenen Einzeldokumenten wird ein öffentlicher Druck erzeugt, der die Arbeit des Untersuchungsausschusses gefährdet", sagte der Ministerpräsident.
(Von Dieter Schütz)