Karl Nolle, MdL
DNN, 27.08.1999
Wahlkampf mit Parteipromis
CDU-Chef: Kein Kronprinz für Nachfolge in Sicht
DRESDEN. Die Dresdner CDU-Spitze sucht nach eigener Darstellung bislang vergeblich nach einem Kronprinzen für Kreis-Chef Dieter Reinfried (52). Der will deshalb beim Parteitag am 1. Oktober wieder für den Chefposten kandidieren. Bislang ist nach CDU-Angaben kein anderer Bewerber bekannt. Im Vorstand soll nach Vorstellungen der Parteispitze zukünftig auch der starke Mann von Schönfeld-Weißig sitzen, Stadtrat Hans-Jürgen Behr.
Reinfried, seit 1990 Kreisvorsitzender, sah gestern mit einem Schmunzeln eine generelle Schwäche der CDU beim Aufbau von Nachfolgern. Das habe sich auf Bundesebene schon bei Adenauer oder Kohl gezeigt, und auch auf Kreisebene scheine "das nicht ganz so leicht" zu sein. Den fähigen Mittdreißiger, der die Führung des mit über 1400 Mitgliedern größten Kreisverbands der sächsischen CDU übernehmen könnte, vermochte er nicht zu erkennen. Viele seien an Reinfried herangetreten und hätten ihn gebeten, vorerst weiterzumachen, sagte CDU-Geschäftsführer Dietmar Haßler.
Für "völlig unverständlich" hält Reinfried die Vorwürfe, die vor Wochen der langjährige Chef des CDU-Arbeitskreises "Christliche Grundwerte", Joachim Brockpähler, gegen ihn erhoben hat. Reinfried ist nicht nur dessen Parteichef, sondern als Staatssekretär im Umweltministerium auch Dienstvorgesetzter von Brockpähler, der Referatsleiter in seinem Hause ist. Möglicher Befangenheit will er dadurch entgehen, dass er Brockpähler fachlich nicht selbst beurteilt, sondern diese Aufgabe an den Abteilungsleiter delegiert.
Als "nicht schlecht" bezeichnete Reinfried die Prognosen für die Landtagswahl am 19. September. "Das darf uns aber nicht dazu verleiten, nicht um jede Stimme zu werben." Man nehme die Gefahr ernst, dass die Wähler dächten, die Sache sei schon gelaufen. Im Vorfeld der Wahl holt die CDU einige große Namen der Partei nach Dresden. Der Bundesvorsitzende und CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Schäuble, wird am Montag, 30. August, ab 20 Uhr im Hotel Park Inn, Königsbrücker Str. 121a, eine Rede halten.
Zwei Tage später, am 1. September, spricht der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe um 17 Uhr im Blockhaus über die Rolle der Bundeswehr nach dem Kosovo-Krieg. Moderator ist der frühere sächsische Umweltminister und jetzige Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz, der Reinfried zufolge damit seinen Beitrag zum sächsischen Wahlkampf leistet. Für den 8. August hat die Partei Vertreter Dresdner Vereine zu einem Treffen mit Ministerpräsident Kurt Biedenkopf ins Ballhaus Watzke geladen.
Auf massive Plakatierung wie SPD-Kandidat Karl Nolle will die CDU verzichten. "Das ist eine optische Nötigung", sagte Reinfried zum aufwändigen Nolle`schen Wahlkampf. Die CDU setze stattdessen auf das persönliche Gespräch an Info-Ständen und der Haustür. Landtagspräsident Erich Iltgen beispielsweise verteile einen Großteil seiner Flugblätter selbst.
(von Stefan Alberti)