Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp, 16:22 Uhr, 16.12.2001
Neuer Wirbel um Biedenkopf - Sachsens CDU-Generalsekretär forderte Rücktritt
Bericht dementiert - Liberale verlangen Vertrauensfrage
Dresden (ddp-lsc). Der Wirbel um Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) reißt nicht ab. Vor dem Hintergrund der so genannten Rabatt-Affäre forderte der sächsische CDU-Generalsekretär Hermann Winkler am Sonntag in einem Zeitungsinterview den Rücktritt des Regierungschefs. Inzwischen habe er den Bericht dementiert, sagte Regierungssprecher Michael Sagurna. Für eine Stellungnahme war Winkler jedoch nicht erreichbar. Die FDP verlangte von Biedenkopf, dass er im Sächsischen Landtag die Vertrauensfrage stellt.
Die «Bild am Sonntag» zitierte Winkler mit den Worten: Er «habe keine Lust, im Bundestagswahlkampf statt über gescheiterte rot-grüne Politik mit den Leuten über Biedenkopfs Rabatte zu diskutieren». Biedenkopf hatte bei einem Einkauf in einer Filiale des schwedischen Möbelhauses Ikea einen unüblichen Rabatt erhalten.
Der Landesvorsitzende der sächsischen Liberalen, Holger Zastrow, erklärte am Sonntag, Biedenkopf solle soviel «Mumm» und «Ehre» haben, sich einem neuen Votum im Parlament zu stellen. «Ob Milbradt, Schwevenstraße, Chiemsee, Paunsdorf oder Rabatte - Biedenkopf ist unfähig zur Reue und gefährdet mit seinen ständigen Affären um seine Person und seine Frau sein Lebenswerk.» Kritische Mitglieder der CDU-Landtagsfraktionen würden dem Regierungschef diesmal das Vertrauen entziehen. Biedenkopf diene Sachsen nicht mehr als verantwortungsbewusster Ministerpräsident, sondern nur noch als schlechtes Beispiel, urteilte Zastrow.
Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Fritz Hähle, sagte, er glaube dem Dementi eher als der Nachricht in der Zeitung. Die von den Liberalen erhobenen Forderung bezeichnete er als «Unfug». Die sächsische Verfassung gebe ein derartiges Votum nicht her.
Zeitungsberichten zufolge soll es zudem Unstimmigkeiten zu einer Stellungnahme Biedenkopfs vor dem Kabinett und der
CDU-Landtagsfraktion über das Zustandekommen des ihm gewährten Preisnachlasses geben. Der Leiter der Dresdner Niederlassung von IKEA, Dieter Gilsbach, versicherte: «Ich habe nie mit Herrn Biedenkopf über Rabatte gesprochen. Er hätte auch keine bekommen, wenn er danach gefragt hätte.» Gilsbach schloss auch aus, dass Biedenkopf den Preisnachlass an anderer Stelle vereinbart haben könnte: «Ich wüsste, wenn Herr Biedenkopf sich bei der
IKEA-Deutschland-Zentrale nach Rabatten erkundigt hätte. Dies ist definitiv nicht der Fall.»
Den Einkauf, bei dem Biedenkopf und seine Frau Ingrid für einen 880-Mark-Einkauf einen Preisnachlass von 15 Prozent erwirkte, schilderte Geschäftsleiter Gilsbach wie folgt: «Sie traten an der Kasse sehr forsch auf. Zwei riesige Bodyguards haben das Personal zusätzlich beeindruckt. Das hat wohl dazu geführt, dass es sich zu dem Rabatt überreden ließ.»
(Quellen: Winkler und Gilsbach in «Bild am Sonntag», Zastrow in Presseerklärung, Sagurna und Hähle zu ddp)
ncl/clp
161622 Dez 01
(von Norbert Claus)