Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 16.12.2001

Warum kleben Sie am Thron, König Kurt?

Lob & Tadel
 
Was haben Sie nicht alles erreicht in Ihrem Leben, lieber Herr Biedenkopf: erfolgreicher Manager bei Henkel, scharfzüngiger Generalsekretär der CDU, Professor der Ökonomie und schließlich erfolgreichster Ministerpräsident im Osten. "König Kurt" wurden Sie liebevoll von vielen Sachsen genannt. Selbst die Opposition im Landtag hat es fast ein Jahrzehnt lang nicht gewagt, Sie zu kritisieren.

Doch wahre Größe, Majestät, zeigt sich in der Bescheidenheit des Mächtigen. An Helmut Kohl haben Sie jüngst in Ihren Erinnerungen kritisiert: "Die Macht und die Pfunde sind bei ihm zum alles beherrschenden Kriterium geworden." Leider werden Sie, König Kurt, und Ihre Frau auch nicht als Vorbilder an Bescheidenheit in die sächsische Geschichte eingehen: Schevenstraßen-Affäre, Ikea-Rabatt-Affäre und Karstadt-Affäre zeigen, dass Sie zwischen Ihrem öffentlichen Amt und Ihrem Privatleben offenbar nicht mehr unterscheiden konnten.

Wahre Größe, Herr Ministerpräsident, zeigt sich auch darin, einen Nachfolger aufzubauen. Sie haben stattdessen versucht, fähige Leute zu verhindern: Finanzminister Georg Milbradt etwa, dem Sie übel nachgeredet und den sie sogar entlassen haben. Fast wäre Ihre Partei darüber zerbrochen - und nun wird er Sie dennoch beerben. Schade, dass Sie am Thron kleben und nicht die Kraft fanden, auf dem Höhepunkt Ihres Ansehens zurückzutreten.
(Von Wolfgang Stock)