Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 09.01.2002
Der Kaugummi-Abgang des Kurt Biedenkopf
Wie geht es weiter?
DRESDEN. Erholt vom Weihnachtsurlaub und erfreut durch eine Umfrage des Spiegel trat Kurt Biedenkopf am Dienstag vor die Presse und verkündete, er werde am Mittwoch nächster Woche verkünden, wie es weitergehen werde mit ihm. Dann, so der 71-jährige sächsische Ministerpräsident, werde er der CDU-Landtagsfraktion einen Vorschlag machen. Nicht, wer sein Nachfolger werde, sondern, wann er zurückzutreten gedenke. Er habe vorgehabt, Ende 2002 oder Anfang 2003 auszuscheiden, aber das werde sich „wesentlich verkürzen".
Nach hässlichen Wochen voller Pein wirkte Biedenkopf recht gefasst. In Regierungskreisen hieß es, dazu habe das Umfrageresultat beigetragen, wonach immer noch 48 Prozent aller Sachsen meinten, er solle doch bis zum Ende der Legislaturperiode 2004 weitermachen.
Allem Anschein nach zieht sich der Abschied Biedenkopfs noch ein wenig hin wie ein Kaugummi, der immer mehr an Geschmack verliert. Die Auseinandersetzung mit dem SPD-Abgeordneten Karl Nolle, der Biedenkopf seit anderthalb Jahren im Nacken sitzt, hat mittlerweile unterstes Niveau erreicht: Nolle behauptet, erfahren zu haben, Biedenkopf habe beim Umzug aus der Dienstvilla in Loschwitz Möbel mitgehen lassen. Die Staatskanzlei konterte:„Nolle hat eine Meise." Worauf Nolle verbreitete, er habe viele Meisen - auf dem Balkon. Nach Biedenkopfs Rabatt-Zwischenfall bei Ikea, einem peinlichen Interview in einer Sonntagszeitung und den neuesten Diebstahlsvorwürfen wirkt die politische Bühne Dresden wie die Kulisse einer Seifenoper.
Biedenkopf kündigte sein restliches Arbeitspensum an: Er will sich noch einmal kräftig in Sachsens Hochschulplanung einmischen. Das kam nicht überraschend, denn nichts fürchten die Uni-Rektoren und Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer mehr als einen Ministerpräsidenten Georg Milbradt, der in der Bildung so spart, wie er das früher als Finanzminister gern getan hätte.
Nach seinem Rücktritt will sich Biedenkopf weiter für das Land einsetzen. Den Namen Milbradt nannte er bei der Pressekonferenz nicht. In Dresden geht man davon aus, dass er den CDU-Vorsitzenden weiter als Nachfolger ausbremsen will, mittlerweile aber nicht mehr weiß, wie.
(Bernhard Honnigfort)