Karl Nolle, MdL

BILD-Zeitung Dresden, 17.01.2002

11 Jahre und das Ende einer Ära

Aufstieg und Fall lagen dicht beieinander
 
DRESDEN. „Biedenkopf ist ein Glück für Sachsen - und Sachsen ein Glück für Biedenkopf." So beschrieben Mitte der 90er Jahre Minister die Ära des Regierungschefs. Dass die Glanzzeit wie in einer Tragödie von Shakespeare endet, ahnte damals noch keiner.

Dabei lagen Aufstieg und Fall, Glanz und Schatten in seinem Leben schon immer dicht bei einander. Kurt Hans Biedenkopf wurde am 28. Januar in Ludwigshafen am Rhein geboren. Der Sohn eines Ingenieurs studierte Jura und Volkswirtschaft, ist seit 1965 Mitglied der CDU.

Nur zwei Jahre später wurde der geniale Kopf jüngster Hochschulrektor der Bundesrepublik an der Ruhr-Uni in Bochum. Auch in der Politik ging es schnell bergauf. Auf Vorschlag von Helmut Kohl wählte ihn die CDU 1973 zum Generalsekretär.

Für seinen Scharfsinn nannte man ihn ehrfürchtig die „Denkfabrik der Union". Seine Ideen und Vorschläge brachten ihn aber auch in Rivalität zu Helmut Kohl. Er stellte dessen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur 1980 in Frage, verlor so viel Ansehen in der Partei. Unter dem Spitzenkandidaten Biedenkopf erlebte die CDU in Nordrhein-Westfalen noch im gleichen Jahr eine Wahlschlappe (4%). Der erste Abstieg begann. Noch weiteren Führungskämpfen und Stimmenverlusten zog er einen Schlussstrich, legte sein Mandat im Düsseldorfer Landtag nieder.

Dann kam die Wende im Osten, Biedenkopfs Glück. Er übernahm eine Gastprofessur an der Uni Leipzig, wurde auf Betreiben von Lothar Späth zum Spitzenkandidaten der CDU für die erste Landtagswahl am 14. Oktober 1990 nominiert. Den furiosen Sieg konnte Biko selber kaum fassen. Mit 53,8 Prozent fuhr er auf Anhieb die absolute Mehrheit ein. Die Sachsen lagen ihrem „König Kurt" zu Füßen.

Den Höhepunkt seiner Amtszeit hatte er vor zwei Jahren zu seinem 70. Geburtstag erreicht. Doch nach der grandiosen Feier in der Semperoper erfasste Lähmung das Land. Die CDU-Fraktion glitt ihm aus den Händen. Der Landesvater kümmerte sich lieber um Bundespolitik als um sein Kabinett. Reformen kamen ins Stocken, die Nachfolge-Frage war nicht geklärt.

Der erste, der daran rührte, bekam seinen ganzen Zorn zu spüren. Im Januar 2001 warf er ohne Vorwarnung seinen Finanzminister Georg Milbradt raus. Bikos größter Fehler. Von dem Schlag hat er sich nie wieder erholt. Nun bastelte sich die Partei ihren eigenen Nachfolger.

Den Schluss der Tragödie haben wir gestern gesehen. Noch unsäglichen Rabatt- und Miet-Affären muss der König früher abdanken, als jemals gedacht. Entthront von den eigenen Leuten.

Trotzdem- „Ganz gleich, was kommt", so ein Minister jüngst in Dresden. „An die zehn erfolgreichen Jahre unter Kurt Biedenkopf werden wir uns in Sachsen noch sehr lange erinnern.“
(BILD)