Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 27.01.2002
CDU-Spitze entscheidet über Sonderparteitag
Kür des Biedenkopf-Nachfolgers für 9. März geplant
DRESDEN. Viele Jahre führte die Parteizentrale der Sachsen-CDU ein politisches Schattendasein. Erst mit Beginn der Machtkrise rund um den scheidenden Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf geriet der Bürobau auf der Dresdner Lortzingstraße häufiger ins öffentliche Blickfeld. Am Sonnabend ist es wieder so weit. Dann trifft sich der CDU-Landesvorstand, um die letzten Details für den bevorstehenden Machtwechsel zu klären. So wird das Gremium den Termin für einen Sonderparteitag festlegen, auf dem die CDU-Basis über den künftigen Biedenkopf-Nachfolger abstimmt. Dieser wird dann der CDU-Landtagsfraktion für die am 18. April geplante Wahl des neuen Ministerpräsidenten als Kandidat vorgeschlagen.
Das letzte Wort hat der Landesvorstand
Einziger Bewerber ist bisher CDU-Parteichef Georg Milbradt. Der Sonderparteitag, der voraussichtlich in Dresden stattfindet, könnte am 9. März abgehalten werden. Für diesen Tag ist bereits die Nominierung der CDU-Kandidaten für die Bundestagswahl geplant. Allerdings sind die Delegiertenschlüssel sehr unterschiedlich, so dass Nominierung und Kandidaten-Kür organisatorisch getrennt erfolgen müssten. Einige CDU-Mitglieder befürchten aber noch, dass bei einer solchen Doppel-Veranstaltung das Interesse der Medien allein dem Ministerpräsidenten-Kandidaten gilt und die Bundestags-Wahlkämpfer auf der Strecke bleiben. Das letzte Wort hat jetzt der Landesvorstand, dem auch der Ministerpräsident angehört. Kurt Biedenkopf hat seine Teilnahme an der Sitzung aber bisher nicht bestätigt und wird voraussichtlich fehlen.
In Partei und Fraktion ging am Freitag unterdessen die Debatte über eine mögliche Einzelbewerbung von Parteichef Milbradt weiter. Dabei erhielt Milbradt von Sachsens Ausländerbeauftragtem Heiner Sandig Unterstützung. Der CDU-Landtagsabgeordnete, der sich noch vor Tagen für eine Entscheidung zwischen mehreren Kandidaten ausgesprochen hatte, sagte der SZ: "Die Erklärung von Thomas de MaiziSre, mit der er seinen Verzicht auf eine streitige Gegenkandidatur begründet, hat mich überzeugt. Dies würde der Partei und Fraktion tatsächlich nur schaden." Sandig erklärte außerdem, er hoffe, dass Milbradt und Biedenkopf künftig der CDU "in Geschlossenheit" zur Verfügung stehen.
Ob sich dieser Wunsch erfüllt, muss sich noch zeigen. Zumindest am kommenden Montag werden Milbradt und Biedenkopf auf jeden Fall getrennte Wege gehen. Während der CDU-Chef seinen Terminkalender abarbeitet, auf dem zwischen 19 und 20 Uhr auch ein öffentlicher Internet-Chat bei MDR-Online verzeichnet ist, hat sich der Ministerpräsident kurzerhand einen Tag frei genommen. Kurt Biedenkopf feiert am Montag seinen 72. Geburtstag - laut Staatskanzlei diesmal aber nur "im engsten Familienkreis". Das Gratulantendefilee anlässlich Biedenkopfs "rundem" Geburtstag vor zwei Jahren fand noch in der Semperoper statt.
(Gunnar Saft)