Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 13.10.2001
Biedenkopf will "Aufklärer" Nolle vor den Kadi zerren
Ministerpräsident: SPD ruiniert mit Medienmann ihren Ruf
DRESDEN. "Warum lügt Herr Nolle schon wieder?" fragt die Staatskanzlei. Kurt Biedenkopf ist der Geduldsfaden gerissen. Die Hoffnung des Ministerpräsidenten, mit staatsmännischer Gelassenheit das Treiben des SPD-Landtagsabgeordneten ins Leere laufen zu lassen, hat sich nicht erfüllt. Nachdem Karl Nolle seine Aufgabe als Wirtschaftssprecher seiner Fraktion mit der des Chefaufklärers im Freistaat getauscht hat, fühlt er sich dieser Rolle verpflichtet. Er habe Informationen aus bestens informierten CDU-Kreisen, brüstete sich der schwergewichtige Drucker gestern Per Fax: Kurt und Ingrid Biedenkopf zahlen ihre Steuern nicht in Dresden, sondern in Düsseldorf.
Der Vorwurf ist nicht neu. Schon am 21. Juni hatte Nolle im Landtag die Frage aufgeworfen, ob die Biedenkopfs in Nordrhein-Westfalen steuerlich veranlagt werden. Das Dementi reichte Nolle nicht. Also wärmte er die alte Story auf und erhielt die gewünschte Reaktion. Er müsse schon einen sehr starken Hass gegen den Ministerpräsidenten und seine Frau hegen, schoss gestern die Staatskanzlei zurück. Zunächst habe Nolle der Familie Biedenkopf eine nationalsozialistische Tradition angedichtet. Dann habe er sich mit falschen Vorwürfen in Sachen Paunsdorf und Grimma hervorgetan, schließlich sei es mit dem Gerücht weitergegangen, Frau Biedenkopf sei am Paunsdorf-Center beteiligt gewesen, nun folgte der Steuer-Vorwurf. Jeder, der sich mit Steuern auskenne, wisse, dass man an seinem Wohnort veranlagt werde.
Nolles Vorwürfe haben aus Sicht der Staatskanzlei inzwischen nicht mehr die Qualität einer Posse, sondern seien rufschädigend. Die Absicht sei, dass "etwas kleben" bleibe. Biedenkopf will nun im Falle einer Wiederholung der Vorwürfe die Gerichte bemühen. Er sehe sein Ansehen systematisch beschädigt, heißt es in einer Pressemitteilung. Seine Partei, die SPD, sollte sich fragen, wie lange sie es sich noch gefallen lassen will, dass Nolle nach seinem eigenen nun auch den Ruf der Partei vollständig ruiniert. Antwort von Fraktionschef Thomas Jurk: Es gehe nicht an, dass Abgeordnete, die nicht mehr, aber auch nichtweniger tun, als der ihnen zugewiesenen Aufgabe nachzugehen, diffamiert würden.
Übrigens: Laut Finanzministerium wird Biedenkopf in Dresden steuerlich veranlagt ...
(Hubert Kemper)