Karl Nolle, MdL
Freie Presse Glauchau, 30.03.2001
Eine auf den Mittelstand ausgerichtete Wirtschaftspolitik habe es bisher nie gegeben
Der das sagt, ist Politiker und Unternehmer in einer Person
GLAUCHAU. Karl Nolle führt in der Druckereibranche ein Unternehmen mit 60 Arbeitsplätzen und ist gleichzeitig Abgeordneter im Landtag, in der SPD-Fraktion.
Wobei er gerade in der Wirtschaftspolitik keine Parteigrenze kennt. "Ob man wirtschaftspolitisch etwas richtig oder falsch macht, ist keine Frage der Partei", meinte er während eines Gesprächs mit Unternehmern und SPD-Kommunalpolitikern, das auf Einladung des Bundesverbandes für Mittelständische Wirtschaft stattfand. Als hinderlich für die sächsische Mittelstandspolitik habe sich aber die absolute Mehrheit im Landtag erwiese. Für Wirtschaftspolitik ohne Klischees! Am Beispiel der sächsischen Vergabeordnung, die von zahlreichen Unternehmern immer wieder kritisiert wird, macht er diese These fest.
Momentan gelte für öffentliche Auftragsvergaben in Sachsen, immer den preiswertesten Anbieter zu wählen. Da spiele es keine rolle, ob der niedrigste Preis aus reell ist. Der Billigste werde genommen und damit zuweilen schlechte Leistung, niedrige Arbeitslöhne noch belohnt. "Gut und schlecht werden auf den Kopf gestellt". Nolle kündigt einen Gesetzentwurf an.
Seine Vorstellungen: Sächsische Aufträge nur für sächsische Firmen, bei zwei gleichgünstigen Anbietern bekommt der den Auftrag, der Ausbildungsplätze hat. Alle bisherigen Versuche, solche oder ähnliche Kriterien einzuführen, seien an der absoluten Mehrheit gescheitert, so der Landtagsabgeordnete. Thema des Gesprächs war auch die Förderung des Mittelstandes. Drei Prozent der Subventionen seien dem Mittelstand zu Gute gekommen, 97 Prozent den Großkonzernen, beklagte Nolle und brachte ein Zahlenbeispiel: Wenn eine Milliarde Mark öffentliches Geld in Unternehmen gesteckt werden, die mehr als 500 Beschäftigte haben, ergebe dies 5000 gesicherte oder neue Arbeitsplätze. Wenn das gleiche Geld für Betriebe ausgegeben würde, die weniger als 500 Arbeitsplätze haben, würde dies 50.000 Arbeitsplätze sichern, bzw. schaffen.
Während der Diskussion ging es unter anderem auch um Steuerverschwendung, das Betriebsverfassungsgesetz und die Ostförderung. An der Veranstaltung nahmen auch arbeitsmarktpolitische Sprecher, Hanjo Lucassen und die SPD-Bundestagsabgeordnete Simone Violka teil, die sich auch zur Landratswahl stellt. Im Einvernehmen mit dem Verband der Mittelständischen Wirtschaft sollen mit Landratskandidaten weitere Gespräche und Mittelstandspolitik folgen.
(STO)