Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz-pnline, 21.11.2002
Sachsen für Sachsen» - Ex-Minister soll für Spendengelder erhöhte Beihilfen versprochen haben
Regierung bestreitet Zusammenhang
Dresden/Hamburg (ddp-lsc). Das seit der Wende CDU-regierte Sachsen steht möglicherweise vor seinem ersten Spendenskandal. Einem Bericht des «Stern» zufolge soll Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) vor der Landtagswahl 1999 einem Unternehmen im Austausch für Spendengelder einen erhöhten staatlichen Zuschuss versprochen haben. Das Hamburger Nachrichtenmagazin beruft sich dabei vor allem auf von Zeugen gestützte Angaben des ehemaligen Vorstandschefs der Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG), Ulf Rittinghaus, der eine SAG-Spende von drei Millionen Mark für die Imagekampagne «Sachsen für Sachsen» bestätigte. Die zuvor von der Staatsregierung verfügte Erhöhung der Beihilfe für die SAG um 4 Millionen Mark für den Kauf der Chipfabrik «Zentrum für Mikroelektronik Dresden» (ZMD) wurde von der Staatsregierung am Donnerstag bestätigt, jedoch mit «förderrechtlichen Gründen» erklärt. PDS, SPD, Grüne forderten umfassende Aufklärung.
Laut «Stern» soll Rittinghaus 1998 vom damaligen CDU-Wirtschaftsminister Kajo Schommer zunächst um eine Wahlkampfhilfe für seine Partei in Höhe von fünf Millionen Mark gebeten worden sein. Anschließend solle Schommer vorgeschlagen haben, dass das Kabinett von Kurt Biedenkopf (CDU) die dem Unternehmen bereits zugesagte Beihilfe für den geplanten Kauf von ZMD um den Betrag für die CDU-Wahlkampfhilfe aufstocken könne. Tatsächlich habe die Staatsregierung dann den Zuschuss um 4 auf 29 Millionen Mark erhöht und Sachsenring daraufhin rund 3 Millionen Mark für die Imagekampagne gespendet.
Die Staatsregierung weist einen Zusammenhang zwischen Spende und Zuschuss jedoch zurück. Über die Motive für die Zahlung der von Bürgern und Unternehmern zu verantwortenden Imagekampagne wolle er nicht spekulieren, sagte Regierungssprecher Christian Striefler. Über die Aktion «Sachsen für Sachsen» lägen der Staatsregierung jedenfalls keine Dokumente vor.
Zugleich betonten die Staatssekretäre für Finanzen und Wirtschaft, Wolfgang Voß und Andrea Fischer, dass die Erhöhung der Beihilfe auf 29 Millionen Mark für die SAG mit einem Darlehen von eben 4 Millionen Mark verknüpft worden sei. Im ursprünglichen Vertragsentwurf, der 25 Millionen Mark vorgesehen habe, sei ein Verzicht auf die Rückzahlung erwogen worden. «Der Freistaat hat damit weder mehr bezahlt noch mehr bekommen», sagte Voß. Das Darlehen sei inklusive Zinsen bis Januar 2001 von SAG zurückgezahlt worden.
CDU-Generalsekretär Hermann Winkler betonte, dass die Aktion «Sachsen für Sachsen» keine Kampagne der Partei gewesen sei. Der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, André Hahn, erklärte, es mache die Sache nicht besser, dass die Spende nicht direkt an die CDU, sondern an eine «im unmittelbaren Vorfeld» der Landtagswahl gebildete «staats- und parteinahe Image-Initiative» gegangen sei. Er forderte zugleich die Einsetzung eines Landtagsausschusses. Von diesem sollten neben Biedenkopf und Schommer - der die Vorwürfe im «Stern» als «absolut unwahr» bezeichnete - auch Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) vorgeladen werden. Striefler betonte, dass der frühere Finanzminister Milbradt an den Vorbereitungen der Aktion «Sachsen für Sachsen» nicht mitgewirkt habe und über deren Finanzierung nichts wisse.
(Weitere Quellen: Striefler, Voß und Fischer vor Journalisten in Dresden; Grüne, PDS und SPD in Pressemitteilungen; Winkler auf ddp-Anfrage)