Karl Nolle, MdL

Bild-Zeitung Dresden, 27.11.2002

Sag mir, wo die Unternehmer sind…

Warum werden wir in Sachsen nur von Ingenieuren, Lehrern, Bauern und Professoren regiert?
 
DRESDEN. Beamte, Lehrer, Wissenschaftler - alles ehrenwerte Jobs. Aber keine dieser Berufsgruppen schafft neue Arbeitsplätze oder verhindert Bürokratie. Echte Jobs entstehen durch Unternehmer. Um so schlimmer, dass im Sächsischen Landtag, wo Politik für mehr Arbeitsplätze gemacht werden soll, nur ein einziger Firmenboss unter 120 Abgeordneten (rund 4000 Euro Diäten/Monat) sitzt.

Es ist Druckhaus-Besitzer Karl Nolle (57, SPD), Chef von 63 Angestellten, fünf Azubis. Er erwirtschaftet 6,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Nolle: „Im Wirtschaftsausschuss entscheiden Abgeordnete, die keine Erfahrung mit Eigenverantwortung oder persönlicher Haftung haben, über neue Gesetze. Das geht eigentlich nicht."

Warum gibt’s in der CDU, mit 76 Sitzen größte Fraktion, keine Unternehmer? Fraktionssprecher Dr. Hans Weller: „Viele Mittelständler sind nicht bereit in die Politik zu wechseln. Sie verdienen in der Wirtschaft mehr." Hinzu kommt: Geht ein Beamter in die Politik, kann er nach Abwahl wieder auf seinen Bürosessel zurück. Unternehmer sind nicht abgesichert. Dr. Weller: „Wir wissen, dass es nicht gut ist, wenn Beamte im Parlament andere Beamte kontrollieren. Aber wenn sich keiner findet..."

Landtagssprecher Ivo Klatte listet auf: „Im Landtag sitzen 34 Ingenieure, 15 Lehrer, sieben Landwirte, sechs Professoren, fünf Facharbeiter. Der Rest sind Pfarrer, Juristen, Chemiker, Architekten, Historiker." Und eben Unternehmer Nolle. Der sagt: „Jedes Parlament sollte Spiegelbild der Gesellschaft sein." Das ist definitiv nicht der Fall - und nicht nur in Sachsen...

Ein Schuh, den sich alle Parteien anziehen müssen, wenn sie Arbeitslosigkeit ernsthaft bekämpfen wollen.
(Andreas Harlass)