Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 28.11.2002

Milbradt im Visier

 
DRESDEN. In der vermeintlichen CDU-Spendenaffäre werden Zweifel sowohl an der Argumentation der Staatsregierung als auch am Hauptbelastungszeugen laut. Dem Hamburger Magazin "Stern" liegen nach eigenen Informationen Unterlagen vor, die gegen die von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) vertretene Version sprechen, nach der die Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) vier Millionen Mark mehr Fördergeld wegen eines zurückzuzahlenden Darlehens in gleicher Höhe erhalten habe. Die Staatsregierung wies die Vorwürfe gestern zurück.

Der ehemalige SAG-Vorstandschef Ulf Rittinghaus gilt als Hauptbelastungszeuge in der vermeintlichen Affäre. Seinen Angaben zufolge soll Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) ihm vor der Landtagswahl 1999 als Gegenleistung für eine Spende in Höhe von drei Millionen Mark (rund 1,53 Millionen Euro) für eine Imagekampagne des Landes einen erhöhten staatlichen Zuschuss beim Kauf der Chipfabrik ZMD versprochen haben. Schommer nennt seinen Vorschlag dagegen eine "scherzhafte Bemerkung".

In der Frage der aufgestockten Fördermittel für den ZMD-Verkauf an die SAG beharrt die Staatsregierung auf ihrer Darlehens-Version. Dies erklärte Milbradt, damals sächsischer Finanzminister, auf eine entsprechende "Stern"-Anfrage auch schriftlich.

Das Magazin beruft sich nun jedoch auf Unterlagen, nach denen der Kredit mit "Forschungs- und Entwicklungsförderung zur Aufrechnung" gebracht werden sollte. Die Beihilfe von 29 Millionen Euro sei demnach zur Deckung des Jahresdefizits von ZMD und der bis dahin unterlassenen Investitionen gewährt worden, nicht aber zur Rückzahlung des Darlehens. Von dem Vier-Millionen-Kredit sei auch in einem Schreiben des Bundes an die EU-Wettbewerbsbehörde nicht die Rede gewesen.

Regierungssprecher Christian Striefler zufolge fehlen in den Akten nach wie vor Hinweise, die auf einen Zusammenhang zwischen der PR-Kampagne und dem Verkauf von ZMD hindeuten könnten. Nach Angaben des SPD-Abgeordneten Karl Nolle will seine Fraktion die EU-Kommission einschalten. Sie solle klären, ob die Staatsregierung unter Kurt Biedenkopf (CDU) beim Verkauf von ZMD gegen EU-Bestimmungen verstoßen hat.
Eig.Ber