Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 27.11.2002

Rache des Vorzeigemanagers

Glaubwürdigkeit der Vorwürfe bröckelt- Rittinghaus nutzt Kampagnen-Erfahrung
 
DRESDEN. Die Eingangsfrage, was er denn heute so mache, beantwortet Ernst-Wilhelm Rittinghaus so salopp, wie sie gestellt wurde. „Ich kümmere mich darum, dass ich mein Geld zurückbekomme." Über die Methoden, die der einstige Vorzeige-Unternehmer des deutschen Osten dabei anwendet, sind die Meinungen geteilt. Nachdem der „Stern" Anzeichen für den ersten Parteispenden-Skandal in den neuen Bundesländern gewittert und den ehemaligen Sachsenring-Manager Ulf Rittinghaus zum Kronzeugen einer getürkten Wahlkampf-Finanzierung für die sächsische CDU befördert hatte, bröckelt die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe.

Sie habe geglaubt, „in einem anderen Film" zu sein, gibt Viola Winkler ihre Eindrücke wieder, nachdem sie gestern Ulf Rittinghaus im MDR-Magazin „Fakt" erlebte. Nichts sei in diesem Auftritt zu erkennen gewesen von der Euphorie, mit der der einstige sunny boy der ostdeutschen Managergilde für die Aktion „Sachsen für Sachsen" geworben habe. Beeindruckt hatte sich die Dresdner Unternehmerin Winkler im Frühjahr 1999 gezeigt, als sie Ulf Rittinghaus in Zwickau erstmals erlebte. Er hat eine flammende Rede gehalten und von der „Verantwortung der Unternehmer für ihre Region gesprochen". Von dieser Idee hatte sich auch Winkler leiten lassen, als sie das Marketing für die drei Millionen Mark teure Kampagne übernahm. Mit der Ideen-Sammlung „Mir gefällt Sachsen, weil ..." sollte eine positive Stimmung für Sachsen erzeugt und nach außen getragen werden. „Das konnte nur gelingen, wenn sie überparteilich getragen wurde"; stellte die Chefin von Saxonia Systems heraus. Umso verwunderter zeigte sie sich, dass die SPD-Landesvorsitzende Constanze Krehl ihre Mitwirkung nunmehr als großen Irrtum darstellt. „Frau Krehl wusste um die zeitliche Nähe der Aktion zur Landtagswahl."

25 Millionen Mark staatliche Beihilfen für die Übernahme der landeseigenen Chipfabrik ZMD hatte Rittinghaus für die Sachsenring AG erhalten. Von der Aufstockung um vier Millionen Mark will er rund drei Millionen Mark für die Imagekampagne „Sachsen für Sachsen" eingesetzt haben. Gekostet hat die Aktion, die Rittinghaus jetzt als von Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer initiierte CDU-Wahlwerbung einstuft, angeblich nur 2,55 Millionen Mark. Eine Abrechnung hat Rittinghaus bisher noch nicht vorgelegt.

Er sei in den USA gewesen, um Anwälte für seine Schadensersatzansprüche zu gewinnen. „In Deutschland findet man keinen, der einen Vierfronten-Krieg führt", erneuert Ernst-Wilhelm Rittinghaus die These von den mächtigen Banken und der Landesregierung, die ihn mit seinem Bruder Ulf aus dem Sachsenring-Vorstand gejagt haben. Jetzt haben die „Brüder Nimmersatt", wie sie aufgrund ihrer Zukaufswut genannt wurden, im Göttinger Anwalt Reiner Füllmich einen deutschen Rechtsbeistand gefunden. Ob er den Beleg erbringen kann, dass sie zu ihrem Schaden und zum Nutzen der CDU aufs Kreuz gelegt worden sind? Für Winkler ist die Stoßrichtung klar: „Der Anwalt will nicht dem Recht zum Sieg, sondern Rittinghaus zu Geld verhelfen."

Den Versuch, den Unions-Wahltriumph der Rittinghaus/Winkler-Kampagne zuzurechnen, weist Ex-Regierungssprecher Michael Sagurna zurück. „Die Umfragewerte für die CDU waren bombastisch, es gab überhaupt keinen Grund für eine solche Begleitmusik." Das betont auch der damalige Generalsekretär Steffen Flath. „Mit Sachsen für Sachsen haben wir nichts zu tun gehabt". Überrascht gewesen sei er nur von einer Postwurfsendung, die an rund 1,3 Millionen Haushalte ging und sicher nicht zum Nachteil der Biedenkopf-Regierung war.

Inzwischen ist Sachsens Opposition auf das angebliche Koppelgeschäft eingestiegen. PDS und SPD wollen einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Der wird sich vor allem mit der Frage beschäftigen müssen, wie es sich ein klammer Automobilzulieferer aus Zwickau leisten konnte, nahezu im Alleingang eine millionenschwere Imagewerbung zu finanzieren, ohne dafür Fördermittel zweckzuentfremden.
(Hubert Kemper)