Karl Nolle, MdL

ZDF-Länderspiegel, 17.05 Uhr, 30.11.2002

Scherzfrage mit Folgen - Das ernste Nachspiel einer sächsischen Imagekampagne

Es könnte der Beginn eines neuen Politskandals sein. Die CDU in Sachsen soll im Vorfeld der Landtagswahlen 1999 eine Imagekampagne indirekt mit staatlichen Geldern finanziert haben.
 
Der Vorwurf stützt sich auf eine eidesstattliche Versicherung des Unternehmers Ulf Rittinghaus. Er war 1999 Vorstandschef des Trabi-Nachfolgekonzerns "Sachsenring Automobiltechnik AG" (SAG). In seiner Erklärung behauptet Rittinghaus, dass ihm der damalige sächsische Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) im Oktober 1998 um eine Fünf-Millionen-Mark-Spende für die CDU und deren Wahlkampf für die bevorstehende Landtagswahl gebeten habe.

Wahlkampf mit staatlichen Geldern

Das habe Rittinghaus zwar zunächst abgelehnt. Doch Schommer blieb angeblich hartnäckig und schlug folgendes Geschäft vor: Man könne ja die Beihilfen, die die SAG für die Übernahme der landeseigenen Chip-Fabrik "ZMD" bekommen sollte, von ursprünglich 25 Millionen Mark auf 29 Millionen erhöhen. Die Differenz in Höhe von vier Millionen Mark könne dann als Spende in die Imagekampagne "Sachsen für Sachsen" fließen.

Diese präsentierte auf ganzseitigen Anzeigen Bürger des Landes, die mit unterschiedlichen Statements für ihren Freistaat warben und dabei Bekenntnisse abgaben wie: "Ich finde Sachsen gut, weil wir einen ganz tollen Ministerpräsidenten haben, den Herrn Biedenkopf."

Wofür die Extra-Millionen?

Ob es aber wirklich staatliche Gelder waren, die über den Umweg der Sachsenring Automobiltechnik AG die Werbeaktion unterstützen, ist fraglich. Fest steht, die SAG übernahm tatsächlich die Chipfabrik "ZMD". Und auch die staatlichen Beihilfen hierzu wurden, anders als ursprünglich vorgesehen, auf 29 Millionen Mark aufgestockt. Drei Millionen Mark hat die SAG daraufhin für die Kampagne gespendet. Das alles bestätigt selbst die CDU-Führung in Dresden. Warum aber und auf wessen Veranlassung hin es zu dem Zuschlag bei der Geldspritze kam, darüber streiten sich die Beteiligten.

Nach Darstellung der Staatssekretärin im sächsischen Wirtschaftsministerium, Andrea Fischer (CDU) sei der Grund für die Erhöhung der Beihilfen ein alter Kredit der Chip-Fabrik gewesen. 1996 sei der "ZMD" ein Darlehen gewährt worden, das durch den neuen Eigentümer, die SAG, wieder zurückgezahlt werden musste. Nur hierfür seien die zusätzlichen Gelder bereitgestellt worden.

Unternehmer Rittinghaus dagegen behauptet, seine mittlerweile Pleite gegangene SAG hätte die höheren Zuschüsse vom Land nur erhalten, weil er im Gegenzug den Sachsen-Werbefeldzug sponserte.

Nur eine Scherzfrage

Der frühere Wirtschaftsminister Kajo Schommer räumte zwar ein, dass er den damaligen Chef der SAG Rittinghaus zu einer Wahlkampfspende aufgefordert habe. Das habe er aber nur scherzhaft gemeint. Nach einem Bankett sei er mit Rittinghaus zusammengetroffen. Dieser sei auf ihn zugekommen und sagte, man müsse etwas tun. Schommer habe daraufhin in Weinlaune geantwortet: "Da spenden Sie doch ein paar Millionen."

Ein Scherz, über den die Opposition im sächsischen Landtag nicht lachen kann. Die PDS-Fraktion hat bereits beschlossen, die Einberufung eines Untersuchungsausschusses zu beantragen. Und auch die SPD signalisierte hierzu ihre Unterstützung. Dort wird zu klären sein, ob die höheren Beihilfen wirklich nur für die Darlehensrückzahlung gewährt wurden, oder ob nicht doch der CDU-Wahlkampf indirekt mit staatlichen Geldern finanziert wurde.




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