Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 14.12.2002

Wenn zwei um die Luftrettung streiten, freut sich die IFA

Das Verwaltungsgericht Leipzig gab der IFA gestern Recht
 
LEIPZIG. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Das Bemerkenswerte an solch platten Weisheiten ist, dass sie immer wieder zutreffen. Im Gerangel um die Lufthoheit der Rettungsflieger über Leipzig hatte das Sächsische Innenministerium der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF) den Zuschlag erteilt. Der ADAC war im Zweikampf der beiden großen Anbieter unterlegen. Zwar hatte sich mit der Internationalen Flugambulanz (IFA) auch der jetzige Betreiber der Luftrettungsstation wieder beworben. Doch die IFA galt als zu teuer und damit ohne Chance. Trotzdem klagte sie wie der ADAC gegen die Behörde.

Das Verwaltungsgericht Leipzig gab der IFA gestern Recht. Der ADAC wurde abgewiesen. Die DRF unterlag zwar in einem Fall. Trotzdem freute sich Geschäftsführer Steffen Lutz: "Wir sind nach wie vor der wirtschaftlichste Anbieter." Der DRF-Chef geht davon aus, dass bei der vom Gericht geforderten neuen Entscheidung erneut seiner Organisation der Zuschlag erteilt wird. Doch die IFA darf sich als lachender Dritter fühlen. Bis das Innenministerium mit einem neuen Beschluss zu Potte gekommen ist, steigen bei Notfällen weiter die Maschinen der IFA zur Unfallstelle auf. So wie seit zwölf Jahren. Doch im Ministerium wollte man das rote Helikopterpaar aus Nürnberg nicht mehr haben und schrieb den Betrieb der Leipziger Luftrettungsstation neu aus. In der internen Entscheidungsfindung zwischen den Bewerbungen der DRF, des ADAC und der IFA spielte Letzterekeine Rolle mehr. Schnell, zu schnell und damit in unfairer Weise schloss man sie aus, konzentrierte sich auf den Vergleich der anderen beiden Angebote, fand das Gericht.

Unfairer Umgang mit der IFA

Obwohl die IFA zwölf Jahre lang zur Zufriedenheit der Sachsen Menschen bei Unfällen gerettet hatte, unterstellten ihr die Ministerialen ungenügende wirtschaftliche Potenz. Weil dafür keine schlüssige Begründung gebracht wurde, haftete an dem Umgang ein Hauch von Willkür. Richter Robert Bendner erklärte das Procedere deshalb für unzulässig. Und hob den Bescheid des Innenministeriums auf. Das Ministerium wurde verpflichtet, eine neue Entscheidung zu treffen. Dabei kann der Zuschlag eigentlich wieder nur die DRF treffen. Sie gab schließlich das günstigste Angebot ab. Und die Verwaltungsrichter fanden es nicht verwerflich, dass die Behörde diesem preiswertesten Angebot den Zuschlag erteilte. Sie ließen außer Acht, dass das Innenministerium offensichtlich die Seriosität dieses Gebots nicht kontrolliert hatte.

ADAC kritisiert Preispolitik

Sehr zum Leidwesen von ADAC-Luftrettungschef Friedrich Rehkopf. "Die Zulässigkeit des niedrigsten Preises wurde nicht geprüft", klagte er enttäuscht. Nach seiner Meinung sei mit dem von der DRF kalkulierten Flugminutenpreis von unter 28 Euro für den zweiten Hubschrauber ein - wie in den Vorschriften verlangt - kostendeckender Betrieb ohne Subvention aus anderen Geldquellen nicht möglich. Während die Flugminute für Rettungshubschrauber auf einem hart umkämpften Markt nicht unter 30 Euro zu haben ist, bleibt die DRF weit darunter. Sie fliegt mit zwei Hubschraubern praktisch zum Preis von anderthalb. Wie dies gehen kann, ist Experten unklar. Man könnte den Piloten einsparen oder die Medizintechnik weglassen...

Beim ADAC überlegt man nun, ob man das Urteil vor dem Oberverwaltungsgericht anficht oder darauf hofft, dass die neue Entscheidung des Ministeriums doch für die gelben Engel ausfällt. Sich darauf zu verlassen, wäre indes unlogisch. Auch weil Minsteriumssprecher Thomas Uslaub gestern erklärte: "Der ADAC ist für uns raus." Außerdem hegt man den Verdacht, dass in Dresden zugunsten der DRF gemauschelt wurde.

Sachsens ADAC-Chef Nikolaus Köhler-Totzki hatte Anfang November erklärt: "Die DRF sollte ins Geschäft gebracht werden. Das stinkt gewaltig. Hier herrscht ein unglaublicher Sumpf." Er sprach von "landsmännischer Verbundenheit" zwischen den Baden-Württembergern im Innenministerium und bei der DRF. Bisher ging niemand gegen diese Unterstellungen gerichtlich vor. Und gestern erneuerte der ADAC seine Vorwürfe der Aktenmanipulation und der Anbieterbevorzugung nicht.
AZ: 1K 1746/02; 1K 1751/02
(von Andreas Friedrich)



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