Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa/sn, 17.26 Uhr, 10.01.2003

Zeitung: Gillo will Ost-Modell für mehr Beschäftigung

Kritik kam vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Sachsen sowie den Landtagsfraktionen der PDS und SPD.
 
Dresden (dpa/sn) - Der Vorschlag von Sachsens Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU), im Osten Sonderrechte für den Arbeitsmarkt einzuführen, ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die sechs Punkte des zehnjährigen Modellprojektes sollen unter anderem die Lockerung des Kündigungsschutzes sowie die Abschaffung des Tarifzwanges bei Zeitarbeit umfassen, sagte Gillo dem «Handelsblatt» (Freitag).

Kritik kam vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Sachsen sowie den Landtagsfraktionen der PDS und SPD. Der Sächsische Handwerkstag forderte dagegen, den Vorschlägen Taten folgen zu lassen. Auch die Handwerkskammer Leipzig begrüßte Gillos Ansinnen.

Ziel des Vorstoßes seien gesetzliche Erleichterungen, um der Wirtschaft den nötigen Spielraum zu geben, sich in schwierigen Zeiten zu behaupten und neu zu entfalten, sagte Gillo. Er will das Kündigungsschutzgesetz für Betriebe mit bis zu 80 Beschäftigten für zehn Jahre aufheben. Bislang gilt es für Unternehmen mit mehr als 5 Mitarbeitern. Die Gesamtdauer befristeter Arbeitsverhältnisse sollen von zwei auf fünf Jahren verlängert werden. Neu eingestellte Arbeitnehmer sollen gegen die Zahlung einer Abfindung auf ihren Kündigungsschutz verzichten.

Auch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Bundes zu geltenden Tarifverträgen soll nach Gillos Vorstellung abgeschafft werden. Die Vereinbarungen gelten in der Regel auch für viele tarifvertraglich ungebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nach Gillos Einschätzung wird diese Rechtslage den neuen Ländern mit Arbeitslosenquoten um 20 Prozent nicht gerecht. In diese Richtung zielt auch sein Vorschlag, Entgelte und Arbeitsbedingungen in den Unternehmen durch Betriebsvereinbarungen zu regeln, wenn das auch vom Betriebsrat gewünscht wird.

DGB-Landeschef Hanjo Lucassen sagte in Dresden, die Vorschläge einer Sonderwirtschaftszone passten nicht in die politische Landschaft. Seiner Ansicht nach sind es vor allem die Wachstumsführer unter den Branchen, die in Ostdeutschland soziale Standards berücksichtigen, darunter die Automobilindustrie.

Kritik erntete Gillo auch aus den Reihen der Oppositionsparteien im sächsischen Landtag, PDS und SPD. Die Pläne würden Unsicherheit für die Arbeitnehmer und eine schwächere Kaufkraft bringen, sagte der PDS-Fraktionschef Peter Porsch. Nach Ansicht des wirtschaftspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Karl Nolle, ist die entstehende Einschränkung der Arbeitnehmerrechte kein Fortschritt.

Der Sächsische Handwerkstag sieht in Gillos Vorschlägen dagegen den «richtigen Weg, um beim Aufbau Ost am Arbeitsmarkt endlich wieder Tritt zu fassen». Mittelfristig würden so neue Arbeitsplätze entstehen. Bislang werde sich fast nur noch um die Sicherung bestehender Arbeitsplätze gekümmert. «Die von Wirtschaftsminister Gillo vorgeschlagenen Änderungen des Arbeitsrechts sind ein Schritt in die richtige Richtung», sagte Joachim Dirschka, Präsident der Handwerkskammer Leipzig. Eine Lockerung des Kündigungsschutzes ermögliche ein flexibleres Agieren auf dem Markt.

Ministeriumssprecher Burkhard Zscheischler kündigte am Freitag an, dass in zwei Wochen ein erweitertes Arbeitsmarktprogramm vorgestellt werden soll. Dort würden auch Probleme der Bau- und Genehmigungspraxis sowie andere wirtschaftsnahe Themen Berücksichtigung finden.

dpa kt yysn fu

101726 Jan 03