Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 10.10.2001

Neuer Streit in Paunsdorf-Affäre

Frau des Regierungschefs bestreitet Vorwürfe
 
DRESDEN. Die Staatskanzlei reagierte ungewöhnlich gereizt: Es reicht überschrieb das Herrschaftshaus von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) eine Presseerklärung zu den neuen Vorwürfen im Fall Paunsdorf-Center. Die Bild-Zeitung hatte am Wochenende berichtet, dass First Lady Ingrid Biedenkopf möglicherweise finanziell an der umstrittenen Behördenimmobilie am Leipziger Stadtrand beteiligt sei. Von einer Summe von vier bis fünf Millionen Mark sei die Rede.

Als Zeuge dient der frühere Chef des Liegenschaftsamtes Norbert Steiner (die RUNDSCHAU berichtete). Seines Wissens nach sei Frau Biedenkopf stille Gesellschafterin an dem Projekt gewesen. Dies habe er von Vorgesetzten aus dem Finanzministerium erfahren, sagt Steiner. Ähnlich hatte er sich schon Anfang 1997 vor der Staatsanwaltschaft geäußert.

Solche Gerüchte machen seit langem in Dresden die Runde und gehören auch zum Gegenstand des Landtags-Untersuchungsausschusses. Schließlich hat ausgerechnet Biedenkopfs Duz-Freund Heinz Barth die Immobilie errichtet und dabei die intensive Unterstützung des Ministerpräsidenten genossen.

Die großzügigen Mietverträge für die dort einquartierten Landesbehörden sollen dem Freistaat nach Berechnungen von SPD und PDS Millionenschäden zufügen. Doch das Ehepaar Biedenkopf machen solche Berichte wütend. Sie schalteten jetzt Anwälte ein, um zivil- und strafrechtliche Schritte gegen Steiner in die Wege zu leiten. Die Behauptung, Frau Biedenkopf sei am Paunsdorf-Zentrum finanziell beteiligt gewesen, sei nachweislich nicht wahr. Steiner könne dafür auch keinerlei Nachweis erbringen. Geprüft wird nun, ob sich Herr Steiner strafbar gemacht hat, indem er beispielsweise den Ministerpräsidenten indirekt der Lüge bezichtigt. Geprüft werden aber auch zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, teilte die Staatskanzlei mit.

Steiner gilt der Machtzentrale als unglaubwürdig. Er habe mehrfach widersprüchliche, verquaste und unbelegte Aussagen gemacht, heißt es immer wieder.

Auch die CDU-Fraktion warf sich für die Biedenkopfs in die Bresche. Die Aussagen des Zeugen Steiner seien einfach nicht belastbar, da er bei seiner stundenlangen Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss sehr oft zu gleichen Vorgängen verschiedenartigste Varianten wiedergegeben habe, sagte CDU-Obmann Peter Jahr.

Die PDS-Fraktion forderte unterdessen Frau Biedenkopf auf, binnen 14 Tagen eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, in der sie klarstellt, zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise am Paunsdorfer Behördencenter beteiligt gewesen zu sein. Sollte sie eine solche Erklärung nicht abgeben, würde ihre Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss unvermeidlich, droht der PDS-Abgeordnete André Hahn, der nicht an Steiner zweifelt.

Auf eine solche Vernehmung drängt auch SPD-Mann Karl Nolle, der seit langem mit immer neuen Erklärungen und Anfragen Druck auf Biedenkopfs ausübt. Eine eidesstattliche Versicherung wird tatsächlich bald vorliegen.

Frau Biedenkopf müsse eine solche Erklärung aus juristischen Gründen ohnehin abgeben, wenn sie gegen Steiners öffentliche Aussagen vorgehe, erklärte gestern Regierungssprecher Michael Sagurna gegenüber der RUNDSCHAU. Dies habe aber nichts mit dem Drängen der PDS zu tun, betonte er.

Kurt Biedenkopf wollte sich indes gestern nicht zu den Vorgängen äußern und zeigte sich gereizt: Er finde Steiners Behauptung in höchstem Maße geschmacklos. Und, so fügte der Ministerpräsident hinzu: Die SPD sei mit Karl Nolle auf den Hund gekommen.
(Sven Heitkamp)