Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 20.06.2001

Hickhack um Biedenkopfs Privathaus

Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue lässt Ministerpräsidenten nicht zur Ruhe kommen
 
DRESDEN. Das Privathaus von Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) am Chiemsee wird sowohl von sächsischer als auch von bayerischer Polizei bewacht. Allerdings handele es sich nicht um eine Doppelbewachung, sagte Thomas Uslaub, der Sprecher des Innenministeriums gestern in Dresden. Vielmehr ergänzten sich beide Polizeidienste beim Objektschutz.

Das Haus müsse ständig überwacht werden, damit es bei der Abwesenheit des Ministerpräsidenten "sauber bleibt", ansonsten müsse das Gebäude bei jeder Anreise Biedenkopfs untersucht werden, hieß es.

Er hat wieder zugeschlagen: Karl Nolle (SPD) sorgt dafür, dass Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf nicht zur Ruhe kommt. Gerade hatte der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages die Rückzahlungen des Ministerpräsidenten von 123 000 Mark zur Beilegung seiner Gästehaus-Affaire abgesegnet, auch wenn der Rechnungshof die Summe als viel zu gering ansieht, da prescht der SPD-Abgeordnete erneut vor und stellt Strafanzeige gegen Biedenkopf und Ex-Innenminister Heinz Eggert (CDU) wegen Verdachts der Untreue (die RUNDSCHAU berichtete).

Nach Putzfrau und Koch ist diesmal die Polizeibewachung von Biedenkopfs Privatanwesen am Chiemsee Ziel des Angriffs. Eine "verrückte Idee", nennt er es, jahrelang das Privathaus Biedenkopfs in Bayern von sächsischen Polizisten bewachen zu lassen. Die Sicherheitsbeurteilung des Landeskriminalamtes ist für ihn eine manipulierte Sache und zudem rechtswidrig.

Außerdem werde hier nicht Leib und Leben des Ministerpräsidenten beschützt, sondern dessen Eigentum. Nolle mutmaßt einen Schaden von vier bis sechs Millionen Mark, der dem Freistaat entstanden sein könnte.

Auf die Idee, die Polizeibewachung an Biedenkopfs Privathaus zu hinterfragen, hat Nolle eigentlich erst Ex-Innenminister Heinz Eggert gebracht. Wohl im Zorn hatte Biedenkopf die Unterbringung der Polizisten in seinem Privathaus dem Freistaat in Rechnung stellen wollen, im Zorn wegen jener Summe von bis zu 100 000 Mark jährlich, die der Rechnungshof wegen der unentgeltlichen Nutzung des Dienstpersonals im Regierungsgästehaus genannt hatte.

Biedenkopf habe sich verpflichtet, unentgeltlich Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wenn die Polizei im Gegenzug 365 Tage im Jahr das Haus bewache, hatte Eggert erwidert. Er erinnere sich an ein Gespräch, in dem Biedenkopf ihm seine große Sorge mitteilte, wenn sein Ferienhaus das ganze Jahr unbewacht bliebe. Nach Worten Eggerts wurde dann ein Sicherheitsgutachten erstellt, aus dem hervorging, dass eine ganzjährige Bewachung des Privatanwesens notwendig sei.
Der Verdacht drängt sich auf, dass Eggert den Ministerpräsidenten durch seine freimütigen Worte geradezu ins offene Messer laufen lassen wollte. Nolle jedenfalls dürfte die Aussage Eggerts geradezu als Einladung aufgefasst haben. Eggert hatte schon einmal für Aufmerksamkeit gesorgt, als einen Rücktritt des Ministerpräsidenten wegen der Gästehaus-Affaire als sauberste Lösung bezeichnete, falls die Vorwürfe gegen ihn zuträfen. Er hat das nie zurückgenommen.
(Ralf Hübner)