Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung (Wirtschaft ), 07.02.2003

"Geld ausgeben wie August der Starke"

Obermeister Heinrich: Mehr Staatsaufträge nötig
 
Interview

Mit dem deutschen Handwerk geht es bergab. So sieht es jedenfalls Konrad Heinrich, Obermeister der Tischlerinnung Osterzgebirge. Schuld daran sei unter anderem die „verfehlte Wirtschaftspolitik“. Heinrich fordert mehr Staats-Investitionen.

Sie machen sich Sorgen, weil die „Bedeutung der Meisterprüfung aufgeweicht“ werde. Wo konkret sehen Sie das Problem?

Die Bedeutung der Meisterprüfung sinkt, weil es – zumindest für das so genannte B-Handwerk – eine Gewerbegenehmigung auch ohne sie gibt. Wer diese besitzt, darf zwar nicht alles anbieten. Doch der Leistungsumfang wird in der Praxis überschritten. Landratsamt und Ordnungsamt helfen uns gegen diesen unlauteren Wettbewerb auch nicht – vielmehr drückt man ein Auge zu. Damit wird eine alte Tradition in die Ecke geschmissen und deutsche Qualitätsarbeit gefährdet. Wenn das A-Handwerk immer mehr kaputt geht, kann es auch keine Jugendlichen ausbilden. Auch dies ist ein Grund der hohen Abwanderung.

Wie wirkt sich die Erhöhung der Steuer- und Abgabenlast auf Ihre Branche aus?

Der Gewinn sinkt, es wird nicht mehr investiert. Mir ist kein Tischler bekannt, der dieses Jahr investieren möchte. Rot-Grün entlastet nur die großen Kapitalgesellschaften, nicht aber den kleinen Mittelstand. Das war schon unter Kohl so und jetzt wurde es noch einmal verschärft.

Vergangene Woche saß Ihre Innung mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle zusammen. Konnte er Sie überzeugen?

Seine Ausführungen waren in unserem Sinne, er befürwortet all unsere Forderderungen. Nur hat er keine Möglichkeiten, sie umzusetzen. Im Landtag ist Nolle der einzige Unternehmer. Er kann gegen Architekten, Lehrerinnen, Hausfrauen, Ingenieure und die Vertreter anderer Berufsgruppen nichts ausrichten.

Am Montag wird in Berlin gegen den „Stillstand in der Mittelstandspolitik“ demonstriert. Sind sie dabei?

Aus unserem Landkreis fahren mehrere Busse hin. Etliche Handwerker werden sich am Protestzug beteiligen.

Was fordern Sie von Rot-Grün?

Ich kann als Staat nicht nur sparen, alles runterfahren und trotzdem verlangen, dass die Wirtschaft wächst. August der Starke hat das Geld mit vollen Händen ausgegeben und dabei Schulden gemacht. Das sollten die Politiker von heute auch tun, weil dadurch Arbeitsplätze entstehen und über die Steuern wieder Geld in die Staatskasse reinkommt. Unter August dem Starken hat Sachsen ja geblüht.

Gespräch: D. Szabó mit Tischler-Obermeister Konrad Heinrich.