Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 29.04.2003

Ministerium soll Uni-Rektor maßregeln

Datenschützer Giesen greift Dresdner Personalie auf
 
Der sächsische Datenschutzbeauftragte Thomas Giesen hat das sächsische Wissenschaftsministerium aufgefordert, den Rektor der Technischen Universität Dresden, Achim Mehlhorn, disziplinarisch zu maßregeln.

Hintergrund ist ein Brief Mehlhorns an den ehemaligen Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU) aus dem Jahre 2000, in dem er Vorstellungen darüber entwickelt, wie der seinerzeitige Ärztliche Direktor des Herz- und Kreislaufzentrums Dresden (HKZ), Stephan Schüler, aus dem Amt zu entfernen sei.

Modellhaftes geplant

Die Geschichte um das Dresdner Herz- und Kreislaufzentrum ist lang und verworren. Die Medizinische Fakultät der TU Dresden, die aus der ehemaligen Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ hervorgegangen war, sollte Anfang der 90er-Jahre um jenes HKZ bereichert werden. Für Bau und Betrieb wurde ein privatrechtliches Konstrukt entwickelt, das für Ostdeutschland modellhaft sein sollte. Im September 1997 erfolgte die Einweihung des neuen, lichtdurchfluteten Gebäudes, das seinerzeit reichlich 71 Millionen Euro kostete.

Die Leistung des Ärzteteams des HKZ gilt als unbestritten, das Dresdner HKZ machte durch spektakuläre Herzoperationen auf sich aufmerksam. Hier erfolgte im Mai 2000 der weltweit erste Kathedereingriff mit Mikrowellen zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen, hier kam erstmals in Deutschland ein Ultraschall-Navigationsgerät bei einem Kathedereingriff zum Einsatz.

Weniger erfolgreich gestalteten sich die geschäftlichen Operationen des HKZ, im Oktober 2000 musste der Trägerverein, in dem in Gestalt des Rektors die TU Dresden vertreten war und der seinerzeitige Wissenschaftsminister Meyer im Aufsichtsrat den Vorsitz führte, Insolvenz anmelden. Die Hintergründe, die letztlich zur Insolvenz führten, sind so recht nie endgültig aufgeklärt worden. Gemeinhin wird ein undurchsichtiges Vertragsgeflecht für das Desaster verantwortlich gemacht. Ungeklärt blieb, welche Rolle der Bauunternehmer Roland Ernst dabei spielte. Seither wird das HKZ von einem Insolvenzverwalter geführt.
In jene Zeit nun vor der Insolvenz fällt das vertrauliche Schreiben von TU-Rektor Mehlhorn an seinen Minister.

In dem Papier äußert er Vorstellungen, wie die Zusammenarbeit des HKZ mit der TU künftig aussehen könnte und wie der ärztliche Direktor Stephan Schüler, den er als „Strippenzieher hinter den Kulissen“ bezeichnet, entfernt werden könnte. Die Vorschläge reichen von der Einleitung disziplinarischer Schritte, „dabei sollte man lieber zu weit gehen als zu zaghaft sein“, über eine Überprüfung der Einhaltung von Lehrverpflichtungen des Professors bis hin zur Aberkennung des Professorentitels. Minister Meyer hat diese Schreiben Mehlhorns angeblich nie beantwortet. Mehlhorn selbst nennt seine Äußerungen „persönlichen Gedanken“, „ent standen in einer Phase größter Besorgnis“.

Giesen: Zersetzungsplan

Giesen lässt diese Einwendung nicht gelten und spricht von einem „Zersetzungsplan“. Die Verquickung von Interna des Vereins mit dienstrechtlichen und universitären Belangen mache das Schreiben zu einer amtlichen Stellungnahme des Rektors, auch Pläne über personenbezogene Datenverarbeitung gehöre zur Kategorie personenbezogener Daten. Mehlhorn solle diese Beanstandung den leitenden Gremien der Universität vorlegen und das Ministerium den Nachweis antreten, dass der Brief Mehlhorns bei der Behandlung Schülers unberücksichtigt blieb, der zum 30. Juni 2001 gekündigt wurde.
Die PDS-Landtagsfraktion unterstützt die Forderung Giesens nach disziplinarischen Schritten gegen Mehlhorn. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle wiederum will die Staatsregierung vor dem Verfassungsgericht verklagen, weil er glaubt, bei Anfragen über Mehlhorn falsche oder unvollständige Antworten erhalten zu haben.
(von ralf hübner)