Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 31.05.2003

Weber droht Untergang im Regenwasser

Sozialministerin offenbar ohne Anspruch auf Flut-Förderhilfe / Milbradt zögert noch
 
Über 15 000 Euro erhielt Sozialministerin Christine Weber (CDU) aus den Hilfstöpfen für Flutopfer. Doch das Hochwasser hatte ihr Haus in Zschopau nie erreicht.

Christine Weber bleibt eine Frist von wenigen Tagen, bevor über ihr politisches Schicksal entschieden wird. Der 54-jährigen Ministerin droht zum Verhängnis zu werden, dass sie die Reparatur eines Wasserschadens an ihrem Privathaus in Zschopau mit Hilfsgeld für Flutopfer bezahlte. Dabei wähnte sich Weber auf der sicheren Seite.

Ein Förderantrag, den sie nicht als Ministerin, "sondern als Privatbürger" gestellt haben will, wurde problemlos von den Behörden genehmigt. Zunächst gab Zschopaus Bürgermeister ohne Prüfung grünes Licht und abschließend auch die für die Auszahlung der Hilfsgelder zuständige Sächsische Aufbaubank (SAB).

Doch das geschah offenbar ohne die notwendige Rechtsgrundlage, was neben Weber jetzt auch die SAB ins Zwielicht rückt. Alle Vorschriften sehen eine Finanzhilfe nur bei Hochwasserschäden und nicht bei Schäden durch Regenwasser vor. Starke Regenfälle waren es aber, die Webers auf einem Berg gelegenes Haus unter Wasser setzten. In dem Fall, so Experten, hätte kein Fördergeld fließen dürfen. Innenminister Horst Rasch wurde jetzt mit der Klärung beauftragt. Sein Prüfbericht dürfte jedoch kaum zu einem anderen Schluss kommen. Damit droht Weber der Untergang, gegen den sie sich verzweifelt wehrt. "In hunderten anderen Fällen", so heißt es trotzig aus ihrem Umfeld, habe die SAB ähnlich entschieden und auch Regenwasserschäden ausgeglichen. Wenn Weber für den Fehler der Behörde bestraft werde, dann müsste das auch auf alle anderen Bürger zutreffen.

Diese Drohung in Richtung Dresdner Regierungsviertel verfing bisher aber nicht, im Gegenteil. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) stellte sich mit keiner Silbe vor seine Ministerin, während es in der CDU-Hierarchie gärt. "Unsensibel" bis "unverschämt gierig", lauten die Einschätzungen. Immer weniger Parteifreunde wollen es Weber abnehmen, ahnungslos in die Affäre geschlittert zu sein.

Und der SPD-Abgeordnete Karl Nolle geht bereits weiter: "Sollte sich alles bewahrheiten, liegt Subventionsbetrug und entsprechende Beihilfe vor." Die Folge: Rücktritt und Staatsanwalt.

Doch Milbradt und seine Staatskanzlei zögern. Nach einer Krisenrunde am Mittwochabend lautete der Beschluss: "Abwarten." Das hat handfeste Gründe. So ist für die einzige Frau im Kabinett kein Ersatz in Sicht. Drei diskutierte Kandidatinnen gelten aus verschiedenen Gründen nicht als passende Alternative.

Inzwischen droht aber das Fass überzulaufen. Der SZ liegen drei Förderanträge von Kindertagesstätten in Dittmannsdorf, Gornau und Zschopau vor. Alle in Webers Heimatregion gelegen. Sie brauchen Geld zur Beseitigung von Schäden der August-Katastrophe. Im Gegensatz zum Antrag der Sozialministerin lehnte das Chemnitzer Regierungspräsidium die Gesuche ab. Begründung: Regenwasser als Schadensursache gilt nicht. S.4 Kommentar
(Von Gunnar Saft)