Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 27.09.1999
Parteibeirat : Unterstützung für neue SPD-Chefin nimmt zu
Fraktionschef Jurk: Partei-Basis wurde zu lange ignoriert
Der nach der Niederlage bei der Landtagswahl eingeleitete Personalwechsel an der Spitze der Sachsen-SPD trifft auf immer mehr Unterstützung aus der Partei. Nach dem SPD-Landesvorstand hat sich am Wochenende auch der SPD-Parteirat hinter die Europa-Abgeordnete Constanze Krehl gestellt und sie als Nachfolgerin des zurückgetretenen Landesvorsitzenden Karl-Heinz Kunckel empfohlen. Bei lediglich einer Enthaltung stimmten am Sonnabend in Chemnitz insgesamt 23
Parteiratsmitglieder dafür, zwei waren dagegen. Ein Antrag von SPD-Mitgliedern aus dem Erzgebirge, der den Rücktritt des gesamten gegenwärtigen Parteivorstandes forderte, wurde dagegen mit deutlicher Mehrheit zurückgewiesen.
Krehl, die den Landesvorsitz bislang nur kommissarisch inne hat, muss sich nun auf einem Sonderparteitag am 30. Oktober dem Votum der Delegierten stellen. Gegenkandidaten gibt es bisher nicht. Unmittelbar nach der Chemnitzer Sitzung des Parteirates erklärte Constanze Krehl, dass nach einer Aussprache inzwischen auch einstige Kritiker ihre Unterstützung für die Kandidatur angekündigt haben. So hatte unter anderem der sächsische DGB-Chef und neue SPD-Landtagsabgeordnete, Hanjo Lucassen, erklärt, Krehls Vorsitz könne nur eine "Übergangslösung" sein. Die Interims-Chefin kündigte des weiteren eine breite Debatte innerhalb des SPD-Landesverbandes über die künftige politische Arbeit an. Ein wichtiges Ziel sei es, vor allem beim Thema "Soziale Gerechtigkeit" Boden zurückzugewinnen, den man an die PDS verloren hat. Krehl sagte, dass dafür auch die Zusammenarbeit zwischen Parteispitze, Landtagsfraktion sowie der SPD-Basis verbessert werden muss. So müssten künftig alle Stimmen bei den anstehenden Entscheidungen eine Rolle spielen. "Gerade die Fraktion hatte sich aber zuletzt viel zu sehr als Partei verstanden", sagte Krehl der SZ.
Kurswechsel: Mehr miteinander reden
Unterstützung für diesen Kurs bekam sie vom neuen Chef der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Jurk. Der kündigte an, vor allem die Kommunikation zwischen den Parteigremien sowie der Parteibasis mit verbessern zu wollen. In Zukunft sollen aber auch die sächsischen SPD-Kommunalpolitiker stärker in die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden. "Ihre Erfahrungen wurden von der Fraktion zuletzt einfach zu wenig gehört", verwies Thomas Jurk auf Defizite in der Vergangenheit.
(von Gunnar Saft)