Karl Nolle, MdL
Leipziger Volkszeitung, 23.09.1999
Wachwechsel bei der SPD - Übergang
Karl-Heinz Kunckel hat erst Partei- und nun auch Fraktionsvorsitz niedergelegt.
Drei Tage nach der Wahlniederlage hat die sächsische SPD zumindest personelle Konsequenzen gezogen. Karl-Heinz Kunckel hat erst Partei- und nun auch Fraktionsvorsitz niedergelegt. Das ist richtig so. Die sozialdemokratischen Genossen aus Thüringen haben diesen Ablösungsprozess noch vor sich.
Es erscheint absurd, dass der Thüringer SPD-Landeschef Richard Dewes an seinem Posten klebt. Er hat es nicht vermocht, seine Position als stellvertretender Ministerpräsident für seine Partei zu nutzen. Sein Lavieren zwischen CDU und PDS haben die Wähler zurecht als unredlich empfunden. Dewes muss gehen.
Sein sächsischer Amtskollege Karl-Heinz Kunckel hat es ehrenhafterweise noch rechtzeitig gemerkt, dass auch seine Zeit abgelaufen ist. Er wolle der Sache nicht aus Verantwortung im Wege stehen. Diese kluge Erkenntnis wünscht man auch Dewes.
Kunckel erklärte seit Sonntagabend, seit die SPD mit 10,7 Prozent das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte erzielte, er und die sächsische SPD könnten nichts dafür. Es sei der Gegenwind aus Bonn und Berlin, der den Sozialdemokraten im Freistaat das Genick gebrochen habe. Leider hat sich Constanze Krehl, Kunckels Nachfolgerin im Amt der Parteichefin, dieser Haltung angeschlossen.
Sie ist falsch. Die SPD hat zwar einen guten, professionell organisierten Wahlkampf hingelegt. Sie hat es aber unter Kunckel versäumt, sich in den Jahren vor der Wahl gegen Regierung und Konkurrenz aus der Opposition ausreichend zu behaupten. Kunckels Problem war es, dass er am grundsätzlichen Kurs der CDU gar nicht viel auszusetzen hatte. Diese Übereinstimmung hat ihn aber nicht von der Notwendigkeit entbunden, gerade auf die Versäumnisse hinzuweisen, die Biedenkopfs Mannschaft auf ihrem Weg begeht. Das hat die SPD unter Kunckel allenfalls halbherzig betrieben. Von der PDS hat sich Kunckel klar und nachvollziehbar abgegrenzt. Das hat ihm nichts genützt. Geschadet hat ihm, dass er ihr gleichzeitig viele Themen kampflos überließ.
Vielleicht hat Kunckel nie einen ganz entscheidenden Fehler gemacht. Er hat aber dennoch zwei Wahlen mit historischen Tiefständen verloren. Kunckel musste gehen. Die sächsische SPD braucht einen Neuanfang. Ob der gelingt, ist nicht entschieden. Die neuen Vorsitzenden Constanze Krehl und Thomas Jurk stehen für eine Übergangsphase. Sie kann in den Aufbruch oder in die Bedeutungslosigkeit führen.
(Von SVEN SIEBERT, Dresden)