Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 02.06.2003
Ende mit Schrecken
Milbradt will Fall Weber nicht zur Dauerbelastung werden lassen
In der CDU-Fraktion des sächsischen Landtages herrschte im Herbst 1999 spürbare Erleichterung, als Christine Weber von Kurt Biedenkopf zur Ministerin gekürt wurde. Führende Fraktionäre sprachen von einem „vagabundierenden Sicherheitsrisiko", das nunmehr in die Disziplin des Kabinetts eingebunden sei. Biedenkopf, dem Weber später in den Rücken fiel, hat die Quoten-begründete Beförderung bedauert. Für Milbradt gilt das heute, und in der Fraktion geht die Furcht um, dass bald eine Ex-Ministerin die Unabhängigkeit des freien Mandats dazu nutzen könnte, ihrer Regierung Steine in den Weg zu legen.
In der schwierigen Abwägung eines möglichst eleganten Umgangs mit der skandalbelasteten Ministerin wird die Angst vor der Unberechenbarkeit Webers nur eine sekundäre Rolle spielen. Ministerpräsident Milbradt quält der Wirbel um seine Kabinettsdame. Während er schwieg, redete sie sich um Kopf und Kragen. Statt beherzt die auf dem kleinen Dienstweg beantragten Fördergelder zurückzuzahlen, rechtfertigte sie starrköpfig ihre materielle Gesinnung.
Der politische Flurschaden, den Weber angesichts der sozialen Not vieler Menschen in ihrer Region angerichtet hat, ist nicht mehr gut zu machen. Milbradt sieht seine Pläne durchkreuzt, bis 2004 mit einem Übergangskabinett durchzuhalten. Weber ist heute sein Sicherheitsrisiko. Den Dauerpflegefall wird er ohne Gefahr für Regierung und Partei nicht aussitzen können. Auch die Mär von einer Kampagne zieht nicht. Weber selbst legte mit ihren rüden Methoden die Stricke, die ihre Opfer nun spannen, um sie zum Stolpern zu bringen. In der Regierung werden längst Pläne für die Zeit nach ihr geschmiedet. Die Ironie des Schicksals hat de facto mit Staatssekretär Albin Nees jenen Mann an die Spitze des kopflosen Ministeriums geführt, den Milbradt ihr zur fachlichen Unterstützung zur Seite stellen wollte. Uneinsichtig wie Weber ist, wollte sie Nees nicht akzeptieren. Der Vertraute ihres Vorgängers Hans Geisler könnte auch de jure die Führung übernehmen und die Damenriege in der Fraktion 2003 neu Aufstellung nehmen lassen.
(Hubert Kemper)