Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 04.06.2003
Geflüsterter Freispruch
Prüfbericht: Sozialministerin handelte juristisch korrekt / Moralfrage „kein Thema“
Sozialministerin Christine Weber (CDU) geht vorerst nicht in der Regenwasser-Affäre unter.
Wie erwartet bestätigte gestern Innenminister Horst Rasch (CDU) in einem Prüfbericht, dass seine Kabinettskollegin korrekt handelte, als sie einen Antrag auf Beseitigung von Regenwasserschäden an ihrem Zschopauer Privathaus aus dem Fluthilfetopf stellte und am Ende auch genehmigt bekam. Dass ganze zwei Tage später ein offizieller Erlass Regenwasserschäden von der Förderung generell ausschloss, könne Frau Weber im Nachhinein nicht zum Vorwurf gemacht werden, hieß es. Auch dass die Ministerin, die zunächst 10 005 Euro bekam, vor acht Wochen per zweiten Antrag nochmals 7 344 Euro erhielt, gehe formal in Ordnung. Eine moralische Bewertung des Falls, so Rasch, sei dagegen kein Thema im Kabinett gewesen.
Weder Rasch noch der zur Unterstützung herangezogene Chef der Sächsischen Aufbaubank (SAB), Jochen von Seckendorff, konnten aber während einer eilig anberaumten Pressekonferenz die vielen verbliebenen Ungereimtheiten klären.
Horst Rasch schloss aus, dass Weber ihre Insiderkenntnisse genutzt hat, um rechtzeitig vor der Stichtagsregelung den eigenen Antrag durchzudrücken. Offiziell habe man erst Wochen später im Kabinett über die strittigen Regenwasser-Fälle diskutiert, sagte der Minister. Auf Nachfrage musste jedoch Bank-Chef Seckendorff einräumen, dass der SAB schon seit dem 4. Oktober 2002 durch eine Mitteilung des Innenministeriums bekannt war, dass die Förderung von Regenwasserschäden rechtlich umstritten ist. Dennoch gab es für Webers Antrag noch am 23. Oktober 2002 grünes Licht. Ob die unklare Rechtslage bei anderen Antragstellern genauso großzügig ausgelegt wurde wie bei der Ministerin, konnte Seckendorff nicht sagen. „Aus heutiger Sicht ist es möglich, dass wir damals Fehler gemacht haben.“
Christine Weber, die sich während der Pressekonferenz in der Staatskanzlei aufhielt, vermied es gestern, sich den Fragen der zahlreichen Journalisten zu stellen. Allein dem Fernsehsender MDR gab sie in ihrem Büro ein Interview.
Den anderen Medien hatte Sachsens Sozialministerin lediglich per Fax eine kurze Mitteilung zu machen: Sie sei zufrieden mit dem Ergebnis der Untersuchung, hieß es darin. Dann folgte ein überraschender Satz: Da ihr genehmigter Förderantrag wegen der Zeitabfolge des Verfahrens von anderen Betroffenen als Benachteiligung verstanden werden könnte, „habe ich mich entschlossen, die erhaltenen Mittel an die SAB zurückzuzahlen.“
(Gunnar Saft)