Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 12.06.2003

PDS stellt Strafanzeige gegen Biedenkopf und Milbradt

Vorwurf: Paunsdorf-Affäre brachte dem Freistaat Schaden in dreistelliger Millionenhöhe - CDU kritisiert Vorstoß als „populistische Aktion"
 
DRESDEN. Die sächsische PDS will gegen Ministerpräsident Georg Milbradt und dessen Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf Strafanzeige erstatten. Wie die Partei gestern in Dresden mitteilte, stehen die Anzeigen gegen die CDU-Politiker im Zusammenhang mit der so genannten Paunsdorf-Affäre. Nach Ansicht der PDS haben sich Biedenkopf und Milbradt u. a. der Untreue zum Nachteil Sachsens schuldig gemacht. Dies habe der Untersuchungsausschuss zur Affäre an den Tag gebracht.

Der parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion, Andre Hahn, sagte, dem Freistaat sei durch die Anmietung eines von einem Freund Biedenkopfs gebauten Behördenzentrums in Leipzig-Paunsdorf ein Schaden entstanden, der je nach Berechnungsvariante zwischen rund 1188 und 138 Millionen Euro liege.

Dieser setze sich u. a. aus überhöhtem Mietzins, der Anmietung von Räumen ohne vorhandenen Bedarf sowie der ungewöhnlich langen Vertragslaufzeit zusammen. Hinzu käme der im Mietvertrag verankerte Ankaufspreis für das Gebäude im Leipziger Stadtteil Paunsdorf, welches der Freistaat im Jahr 2006 erwerben wolle.

Biedenkopf trage in seiner Eigenschäft als früherer Kabinettschef nicht nur die allgemeine politische Verantwortung, sondern habe einen Teil des Schadens auch ganz persönlich durch individuelle Fehlentscheidungen verursacht, so die PDS. Er habe die Verhandlungen zum Behördenzentrum mit seinem Freund Heinz Barth entscheidend bestimmt.

Milbradt sei in seiner damaligen Position als Finanzminister „der zweite Mitschuldige an der Misere und den Millionenverlusten für den Freistaat Sachsen". Er habe die Hauptverantwortung für die Gestaltung der Verträge und deren Umsetzung gehabt. „Obwohl es gerade aus dem Bereich des Finanzministeriums und nachgeordneter Behörden erhebliche Vorbehalte gegen konkrete Inhalte der Verträge gab, agierte der Finanzminister stets als willfähriger Vollstrecker des Willens seines Kabinettschefs", sagte Hahn.

Die CDU-Landtagsfraktion wies den Vorwurf zurück, dem Land sei durch die Anmietung des Behördenzentrums Schaden entstanden. Vielmehr sei diese „völlig korrekt erfolgt", zudem seien die erhobenen Vorwürfe haltlos, erklärte der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, Lars Rohwer, in Dresden. Auch habe es keinerlei unzulässige Einflussnahme seitens der Staatsregierung bei der Anmietung der Räume gegeben. „Dies ist für uns das eindeutige Resultat der Beweisaufnahme im Ausschuss”, sagte Rohwer.

Die von der PDS angekündigten Strafanzeigen gegen Biedenkopf und Milbradt bezeichnete er als „populistische Aktion", für die die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses keinerlei Anlass gäben.
(ap)