Karl Nolle, MdL

BILD-Zeitung Dresden, 19.06.2003

Rücktritt! Jetzt freut sie sich auf 4193 Euro Pension

 
Mit versteinerter Mine verkündete Ministerpräsident Georg Milbradt (58, CDU) das Ende der politischen Karriere seiner Sozialministerin. Milbradt vor laufenden Kameras: „Gestern habe ich Christine Weber in der Klinik besucht. Sie hat aus gesundheitlichen Gründen ihren Rücktritt erklärt.”

Ein Ende mit Schrecken. Nach dem Vorwurf zu Unrecht 17 000 Euro Flutbeihilfe für ihr Privathaus empfangen zu haben, soll Christine Weber (54, CDU) auch das Diensthandy privat genutzt, Verwandte einer politischen Freundin eingestellt haben. Pfingsten brach Frau Weber zusammen, liegt seitdem in der Nervenklinik. Sie gilt als stark selbstmordgefährdet (BILD berichtete).

Empörung beim Bund der Steuerzahler in Sachsen. Präsident Thomas Meyer (42): „Bei einem Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen stehen der Ministerin ab dem 55. Lebensjahr 45 Prozent ihres Ministerlohnes zu. Bis zum Lebensende. So steht es im Ministergesetz." Ab Dezember bekommt Frau Weber also 4193 Euro Ruhegehalt. Pro Monat. Sie hatte bisher 9318 Euro. Meyer: „Der Steuerzahlerbund fordert darum, dass sich Frau Weber einer unabhängigen Ärztekommission vorstellt. Außerdem muss das Ministergesetz geändert werden."

Das ist aber noch nicht alles. Ihr Abgeordneten-Mandat behält die Ex-Ministerin weiter. Macht nochmal 6090 Euro - Diäten und Aufwandsentschädigung. Das Ruhegehalt wird zwar um 50 Prozent gekürzt, solange sie Abgeordnete ist. Macht aber unterm Strich immer noch 8186 Euro im Monat.

Milbradt auf die Frage zum üppigen Ruhegeld: „Das steht für mich im Augenblick nicht zur Debatte. Für mich steht zurzeit ihre Genesung im Vordergrund."

Einen Nachfolger sucht der MP noch. Inzwischen vertritt Agrarminister Steffen Flath (45, CDU) das Sozialministerium.


Das sagt die Opposition

PDS-Fraktionschef Peter Porsch: „Die unappetitliche Verquickung von Krankheit, Pensionsansprüchen, politischen Fehlern hätte durch rechtzeitige Entlassung der Ministerin vermieden werden können."

SPD-Fraktionschef Thomas Jurk: „Milbradt hätte nie zulassen dürfen, dass sich Frau Webers Affären zur menschlichen Tragödie entwickeln. Der Zerfall des Übergangskabinetts ist in vollem Gange."

FDP-Landeschef Holger Zastrow: „Der Rücktritt ist ein längst überfälliger Schritt und Akt der politischen Hygiene."

Grünen-Sprecher Karl-Heinz Gerstenberg: „Der Rückzug erfolgt spät, aber nicht zu spät."

(Andreas Harlass)