Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 20.06.2003

Milbradt bei Weber-Nachfolge in Konflikt

Potenzieller Nachfolger Nees aber eben keine Frau
 
DRESDEN. Einen Tag nach dem Rücktritt von Sozialministerin Christine Weber (CDU) konzentrierte sich im Sächsischen Landtag das Interesse auf die Nachfolgefrage. Ministerpräsident Georg Milbradt will bei der Beantwortung gründlich vorgehen. Sein Problem: Die politischen Regeln erwarten, dass zumindest eine Frau im Kabinett vertreten ist. Mit dem Rücktritt Webers sind dort nur noch Männer. Doch in der CDU-Fraktion des Landtages drängt sich keine Fachfrau für das Amt auf.

Wie sich Milbradt in diesem Zwiespalt verhalten könnte, mag ein Hinweis seines Regierungssprechers andeuten. „Ein wichtiges Kriterium bei der Neubesetzung ist Kompetenz", sagte Christian Striefler. Danach könnte die Wahl nur auf Albin Nees fallen. Der Staatssekretär, de facto schon zu Weber-Zeiten Ressortchef, erweist sich auch in diesem Konflikt als Grand Seigneur. „Ich arbeite gern unter einer Ministerin." Einen weiteren Grund liefert er Milbradt mit: Eine Herrenriege pur mache keinen guten Eindruck. Nur eine Einschränkung für einen weiblichen Minister erlaubt sich der 64-Jährige: „Sie darf nicht beratungsresistent sein." Auch an dieser Schwäche scheiterte Weber.
Unterstützung erhält Nees von Kerstin Nicolaus. „An Kompetenz nimmt es keiner mit ihm auf" Der Staatssekretär sei bestens eingearbeitet, eine erneute Übergangslösung für nur gut ein Jahr mache keinen Sinn, meint die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, der früher Chancen auf ein Ministeramt nachgesagt worden waren.

Eine Lanze für ihre Geschlecht bricht Gesine Matthes. „Es wäre gut, wenn eine Frau im Kabinett vertreten wäre", formuliert die Chemnitzerin und Weber-Vertraute ihre Vorstellungen allerdings zurückhaltend. „Frau und fachliche Qualifikation stehen nicht im Widerspruch", sagt auch Ingrid Petzold, was ihr Amt verlangt: Als frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion - wünscht sie sich vor allem, dass den Fragen der Gleichstellung die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wird.

„Zwei Frauen müssten ins Kabinett", äußert Johannes Gerlach, Sozialpolitiker der SPD aus Zschopau, seine Vorstellung. „Sie dürften aber keine Alibi-Frauen sein", schränkt Gerlach ein, was sein CDU-Kollege Hans-Jörg Kannegießer, Sozialpolitiker aus Chemnitz, mit anderen Worten artikuliert: „Ich stehe für Qualität! Ob Ministerpräsident Georg Milbradt jetzt vielleicht weiter weiß?
(Hubert Kemper)