Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau - Online, 21.06.2003

Abgeordnete tragen Spiegelfechtereien aus

Kontroverse Debatte im Landtag zu Leistungen der Regierung
 
„Die schwindende Leistungsfähigkeit des Kabinetts Milbradt und die Folgen für Sachsen“, hatte die PDS eine aktuelle Debatte gestern im Landtag überschrieben. Es ging freilich um den Rücktritt der Sozialministerin Christine Weber und ihrer im Amt gebliebenen Kabinettskollegen. Polemische Spiegelfechtereien dieser Art gehören zum allgemeinen Abreagieren in den sonst oft müden Parlamentsgeschäften.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle konterte denn auch süffisant, wenn die Opposition schon eine „schwindende Leistungsfähigkeit“ anprangere, spreche sie ihr diese zumindest zu. Er, so Hähle, führe lieber eine Debatte zum Thema: „Die wachsende Bedeutungslosigkeit der PDS und ihre positive Wirkung für Sachsen“.

Unbeeindruckt davon, warf PDS-Fraktionschef Peter Porsch mehreren Ministern Versagen vor. Innenminister Horst Rasch habe wie im Fall der Dresdner Kofferbombe den Überblick verloren; Wirtschaftsminister Martin Gillo richte mehr Schaden als Nutzen für Sachsen an; Wissenschaftsminister Matthias Rößler sei ein „Erpresser vom Dienst“ und Kultusminister Karl Mannsfeld sei nicht mal in der Lage, angemessene Abituraufgaben zu stellen. Porsch: „Herr Ministerpräsident: Schaffen Sie ein Kabinett, dass dieses Land wenigstens verwaltet. Impulse erwartet ohnehin niemand mehr.“

Sein SPD-Kollege Thomas Jurk stieß ins gleiche Horn und fragte sich 456 Tage vor der Landtagswahl, „wer denn als nächstes wird entlassen werden müssen und ob der Ministerpräsident mit dieser Truppe wirklich noch so lange regieren wolle“. Der Zerfall des Kabinetts sei in vollem Gange, Milbradt ein „Gefangener eines vielschichtig gewobenen Netzes von Abhängigkeiten, Loyalitäten, Erwartungen und Befindlichkeiten“. Jurk: „Das ist der Tod der gestaltenden Politik.“

Der gescholtene Regierungschef verfolgte die Kritik mal grinsend, mal in Akten lesend, ließ sich aber eine Replik nicht nehmen. Wie er gehört habe, seien Detektive angesetzt worden, um die Klinik der an einem Nervenkollaps erkrankten Ministerin Weber ausfindig zu machen. Dies sei wohl nicht der richtige Stil. Wenn er sich bemüht habe, Weber fair und menschlich zu behandeln, solle man das seinetwegen auch als zögerlich beurteilen.

Der Vorwurf, die Regierung habe nichts getan, gehe ins Leere. „Schließlich haben wir eine der schwersten Katastrophen dieses Landes bewältigt.“ Bis Ende dieses und nächsten Jahres seien fast alle Flutschäden reguliert. Auch seine Minister nahm er in Schutz: Sachsen habe beispielhafte Schulen und das Problem mit der Dresdner Kofferbombe sei ein Versagen des Bundesgrenzschutzes.

Schließlich nutzt Milbradt die Gelegenheit, die IG Metall für ihre Streiks zu kritisierten. „Wir stehen am Anfang vom Ende des Aufholprozesses“, warnte Milbradt. Westdeutsche Gewerkschaftsfunktionäre würden busseweise anrücken, um den Tarifstreit der Metall- und Elektroindustrie zu lenken. Es sei das Interesse Westdeutschlands, dem Osten seine Standortvorteile zu nehmen. Doch ändern müsse sich der Arbeitsmarkt im Westen.
(Sven Heitkamp)