Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 02.07.2003

Schommer dreht den Spieß um

Investor Rittinghaus soll mit Kampagne „Sachsen für Sachsen“ vorrangig in eigene Tasche gewirtschaftet haben
 
DRESDEN. Plötzlich wird der Gejagte zum Jäger. Eigentlich sollte Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) dem Untersuchungsausschuss des Landtages gestern Rede und Antwort zur vermuteten CDU-Spendenaffäre aus dem Jahr 1999 stehen. Damals, so der Vorwurf des früheren Vorstandschefs der Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG), Ulf Rittinghaus, habe Schommer dem Zwickauer Unternehmen über Umwege vier Millionen Mark an Fördergeldern zukommen lassen. Im Gegenzug musste die SAG im Jahr der Landtagswahl eine Werbekampagne bezahlen, mit der die Erfolge der CDU-geführten Landesregierung herausgestellt wurden.

Doch Schommer, der seit Monaten vor mehreren Gerichten – zum Teil erfolgreich – gegen die Rittinghaus-Version kämpft, drehte kurzerhand den Spieß um und ging zum Angriff über. Die Vorteile der drei Millionen Mark teuren Kampagne „Sachsen für Sachsen“, die im Sommer 1999 bundesweit gefahren wurde, hätten weniger bei der damaligen Staatsregierung als bei Rittinghaus selber gelegen.

Als Beleg präsentierte der Minister a. D. eine Auflistung der Besitzverhältnisse der PR-Firma W.M.P., die mit der Konzeption der Kampagne beauftragt war. Demnach sind bis heute nicht nur Ulf Rittinghaus, sondern auch sein Bruder sowie einstige SAG-Führungsmitglieder Teilhaber an der W.M.P. und profitierten somit vom Millionen-Auftrag. „Damit erklärt sich die Sache von selbst“, gab sich Schommer überzeugt. Rittinghaus, der mittlerweile mit der SAG eine Pleite hingelegt hat, habe nur auf dem Projekt bestanden, um in die eigene Tasche zu wirtschaften. „Es ging ihm um seinen Laden.“ Die angebliche CDU-Kampagne sei letztlich eine Anschubfinanzierung für die frisch gegründete W.M.P. gewesen, die dabei 340 000 Euro verdiente.

Und Schommer teilte weiter aus. Neben Vorwürfen gegen die Ex-SAG-Manager („Die Brüder Rittinghaus hatten bei uns den Spitznamen ,Die Gebrüder Nimmersatt vom Staate Nimm'.“) präsentierte er umfangreiche Unterlagen. Darunter eidesstattliche Versicherungen von Beteiligten, die der Rittinghaus-Version in wichtigen Punkten widersprechen. Die Dokumente, die Rittinghaus zuvor dem Ausschuss vorgelegt hat, könnten demnach ja fingiert sein, formulierte Schommer juristisch vorsichtig.

Doch auch der Ex-Minister, der während der sechsstündigen Vernehmung streckenweise sehr theatralisch auftrat, musste einstecken. So wurde er vom Ausschuss ausdrücklich wegen des „rechtswidrigen“ Besitzes von geheimen Unterlagen gerügt. Die turbulente Sitzung wurde aus dem Grund gleich mehrfach unterbrochen.

Am Ende war aber alles wie immer. Die CDU-Vertreter im Landtag sehen Rittinghaus nach der Schommer-Aussage der Lüge überführt. Auch SPD-Mann Nolle fühlt sich bestätigt, nur dass er Schommer für den wahren Übeltäter hält. Die PDS dagegen wittert neue Verstrickungen. Sie will nun weitere Ex-Regierungsmitglieder ins Visier nehmen. Das Tauziehen hält an.
(Gunnar Saft)