Karl Nolle, MdL

Freie Presse - Zschopauer Zeitung, 16.07.2003

Nolle findet deutliche Worte

Zschopauer OB Baumann weist Vorwürfe zurück
 
Zschopau. „Oberbürgermeister Baumann ist der nächste, der fallen muss. Ihn stützt keiner mehr." Karl Nolle, SPD-Landtagsabgeordneter, ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht eher ruhen will, bis dieses Ziel erreicht ist. Die Verfehlungen des Kommunalpolitikers Klaus Baumann (CDU) seien einfach zu groß. Sachsens Chefankläger in Sachen „Filz" sprach am Montagabend in der übervollen Gelben Kammer des Schlosses Wildeck in der Motorradstadt Klartext. Eingeladen hatte der hiesige SPD-Ortsverein.

Zschopau als Veranstaltungsort nicht zufällig gewählt

Der Auftrittsort Zschopau war nicht zufällig gewählt. Nach dem Rücktritt von Sozialministerin Christine Weber (CDU) vermutet Nolle offenbar weitere Seilschaften und bezieht sich dabei auf neue Hinweise aus der Bevölkerung Zschopaus. Für ihn aber sei vor allem die Vergangenheit Webers vor der Wende bedrückend gewesen - als sich erst kürzlich die angebliche politische Verfolgung nicht bestätigt habe. Aus den Reihen der Gäste dieser Montagsdiskussion gab es dafür rege Zustimmung. Kurzum, die Geschichte „Weber" ist noch nicht abgeschlossen, versprach Nolle.

„Ich bin ein Angstfaktor - und das ist gut so", ließ der Politiker seine Zuhörer wissen. Durch seine Druckerei sieht sich der SPD-Abgeordnete in einer unabhängigen Position, um seine Rolle bei der Bekämpfung der Korruption wirkungsvoll spielen zu können.

Ja, es gebe ihn, den Filz in Zschopau, mit OB Baumann im Mittelpunkt. Und er nannte Beispiele, um allerdings auch gleich zu betonen, dass seine Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind: private Pfändungen, Stadthallenkauf von einem damaligen Fraktionskollegen ohne Gutachten, Zeseg-Darlehen für den Zschopauer FC und eine Bausparkasse, gegen Geldzahlungen eingestellte Verfahren, anhängige Verfahren, Ungereimtheiten bei geförderten Lohnzahlungen, nicht abgerechnete ABM-Projekte, zudem unbefriedigend beantwortete Fragen zu diesen Verfahren durch das Innenministerium und mehr. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass Baumann als OB bei einer Reihe von Mitarbeitern der Verwaltung den Rückhalt verloren hat.

Ex-Stadtrat Volker Nitzsche, der bis 2001 für den Gewerbeverband im Stadtrat saß, brachte in die Diskussion ein: Er habe nach zwei Jahren das Handtuch geworfen, „weil Politik den Charakter versaut. Es herrscht vor allem Fraktionszwang". Was von der Korruption in Zschopau bekannt sei, wäre nur die Spitze des Eisberges. Nitzsche habe gedacht, er könne etwas ändern, sei aber letztlich bitter enttäuscht worden. Wie viele im historischen Gemäuer des Schlosses Wildeck hoffte und wünschte er Karl Nolle, dass dieser an seiner Linie festhalten möge.

Landrat: Abschließende Bewertung noch nicht erfolgt

Auf Anfrage von „Freie Presse" wies OB Baumann alle Vorwürfe zurück: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe immer versucht, das Beste für die Stadt herauszuholen." Licht ins Dunkel soll eine beamtenrechtliche Vorermittlung seitens der Aufsichtsbehörde des Landkreises bringen. Darin werden Themen vom Stadthallenkauf über Haushaltsunregelmäßigkeiten bis hin zu Baumanns Geldgeschäften beim Zschopauer Fußball-Club (ZFC)angesprochen. Die Anhörung des Oberbürgermeisters hat bereits vorige Woche stattgefunden. Baumann: „Der Landrat muss nun entscheiden, ob er ein Disziplinarverfahren einleitet" Landrat Albrecht Kohlsdorf (CDU) erklärte gestern auf Anfrage: „Es gibt noch keine abschließende Bewertung durch das Kommunalamt "Sie werde aber „in den nächsten Tagen erwartet". Er greife dieser Bewertung nicht vor.

Auf die Situation beim ZFC angesprochen, erklärte Baumann erneut, dass bei den Zeseg-Darlehen eine Art Zwischenfinanzierung aufgenommen wurde, weil damals Sponsorengelder in Größenordnungen ausgestanden hätten. Diese kamen aber nicht, eine Rückzahlung ist nicht erfolgt ("Freie Presse" berichtete).

Zu den am Montagabend erwähnten Lohnpfändungen sagte Klaus Baumann, dass er zu privaten Dingen keine Aussagen treffen werde. Er betrachte die Situation insgesamt „als Attacke gegen mich und die CDU" und schließe persönliche Konsequenzen daher aus. Die Themen, die der Landtagsabgeordnete Karl Nolle angesprochen habe, seien bereits vor seiner Wiederwahl zum Oberbürgermeisterbekannt gewesen.
(Matthias Heinke)