Karl Nolle, MdL

Freie Presse, Stollberger Zeitung, 20.08.2003

Hertwich-Affäre hat Dresden erreicht

Antikorruptionsveranstaltung in Niederwürschnitz zum Thema: Politik und Filz - Ist die politische Kultur auf den Hund gekommen?
 
NIEDERWÜRSCHNITZ. „Politik und Filz - Ist die politische Kultur auf den Hund gekommen?" lautet das Thema einer öffentlichen Veranstaltung mit dem wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD Landtagsfraktion, Karl Nolle, morgen, 19 Uhr, im Gasthaus Zur Tenne in Niederwürschnitz. Initiator der Veranstaltung ist der Chef der SPD-Fraktion im Kreistag Stollberg, Rolf Höfer. Mit ihm sprach Frank Walenszus.

Freie Presse: Herr Höfer, Karl Nolle hat sich als Chefaufklärer der SPD-Landtagsfraktion gegen politische Korruption und Rechtsverletzungen von Amtsträgern in Sachsen einen Namen gemacht. Die Hertwich-Affäre hat Dresden erreicht. Erhoffen Sie sich mit Nolle einen Durchbruch in der Affäre um den Landrat Udo Hertwich?

Rolf Höfer: Der öffentliche Druck auf Landrat Hertwich, Regierungspräsident Karl Noltze und Innenminister Horst Rasch muss noch stärker werden. Das ist auch das Anliegen der Veranstaltung. Hertwich muss endlich seinen Platz für einen Neubeginn im Interesse des Landkreises frei machen. Seit anderthalb Jahren werden durch Akteneinsichtsausschüsse des Kreistages und die „Freie Presse" Fakten der Offentlichkeit vorgelegt, die sehr wohl den Verdacht der Korruption und Begünstigung Dritter in der Amtsführung von Hertwich erhärten. Die einzige Stellungnahme von Regierungspräsident Noltze, Innenminister Rasch und auch der Staatsanwaltschaft ist die, dass sie keine Stellungnahme abgeben. An deren Interesse zur Aufklärung glaube ich nicht mehr. Deshalb habe ich mich an Nolle gewandt.

Freie Presse: Nolle, ein Wundertäter?

Höfer: Nein, keineswegs. Nolle ist ein Querdenker, ein kritischer Geist, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Nolle ist zudem Vorsitzender des Arbeitgeber-Verbandes Druck & Medien in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Seit 1989 lebt er mit seiner Familie in Dresden. Meine Denkart ist mit der Nolles seelenverwandt

Freie Presse: Die CDU des Landkreises kann oder will das Problem Hertwich nicht lösen, Sie können es auch nicht. Wer dann?

Höfer: Die Affäre Hertwich können nur Regierungspräsident Noltze und Innenminister Rasch lösen. Der Kreistag Stollberg selbst ist dazu nicht fähig. Das gescheiterte Abwahlverfahren gegen Hertwich bestätigt das. Hertwichs Gönnersystem ist zu fest etabliert. Meine Anschuldigungen gegen Hertwich sind jedoch nicht nur strafrechtlicher Natur. Es liegt eine Fülle kommunalrechtlicher und moralischer Verfehlungen von Hertwich vor, die eine Enthebung seines Amtes überfällig machen. Die CDU-Landtagsabgeordnete Uta Windisch könnte da viel für den Landkreis tun, doch sie hofiert Hertwich weiter. Ich bin mir sicher, dass das erst die Spitze des Eisberges ist. Es ist doch nicht normal, dass ich mich immer wieder dafür im Kreistag entschuldigen muss, wenn ich einen erneuten Skandal um Hertwich aufdecke. Hertwich ist als Landrat immer noch Herr über alle Akten. Er behindert die Aufklärung. Die Gefahr der Verschleierung und Verdunkelung scheint gegeben. Im Herbst beginnt der Wahlkampf zu den Landtagswahlen. Für Hertwich wird es ein heißer werden.

Freie Presse: Was werden die Bürger zur Veranstaltung in der Tenne zu hören bekommen?

Höfer: Nolle spricht zum Thema „Wasserschäden, insolvente Amtsträger, Geschäfte mit Verwandten - und alles zum Wohle der Partei". Hertwich und die ehemalige Sozialministerin Weber werden da besonders einer kritischen Betrachtung unterzogen. Mein Thema lautet „Regierungspräsidenten, die immer noch Landräte decken, denen schon der Staatsanwalt auf der Spur ist". Die Teilnehmer an der Veranstaltung sollen jedoch nicht nur hören, sie selbst sollen aktiv in der Diskussion ihre Meinung sagen und über eigene Erfahrungen mit selbstherrlichen Amtsträgern berichten.