Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 13.09.2003
Schöner schwarzer Filz
Die Selbstreinigungskräfte der CDU schwinden
DRESDEN. Wer austeilt, der muss auch einstecken können. Das gilt für Boxer und andere Raufbolde. Das gilt aber ganz besonders in der Politik.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle geht nicht gerade zimperlich mit seiner Konkurrenz um. Er lässt keine Gelegenheit ungenutzt verstreichen, wenn er die CDU und die von ihr getragene Landesregierung nur angreifen und kritisieren kann. Immer polemisch und zugespitzt, oft genug herzlos und verletzend.
Der Treibsand aus Parteipropaganda und Volksverdummung
Die inquisitorischen Schaustücke eines Michael Friedman dürften für die Betroffenen nicht herausfordernder gewesen sein als Nolles Dauerfeuer. Deshalb war es also nur eine Frage der Zeit, bis sich die Mehrheitsfraktion wehren würde. Im Landtag hat die CDU nun versucht, Nolle den politischen Prozess zu machen. Herausgekommen ist dabei allerdings eine ziemlich groteske Veranstaltung unter dem Motto: Lieber den schwarzen Filz als die Roten an der Macht!
Der Treibsand aus Parteipropaganda und Volksverdummung ist sehr tückisch. Er verschlingt alles und jeden. Das konnte bei dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Fritz Hähle beobachtet werden, als er den halsbrecherischen Versuch unternahm, die Verhältnisse in anderen ostdeutschen Bundesländern zu schmähen und als Versagen dieser, wie er sagte, „Sauber-Sozis“ zu brandmarken.
Dabei scheint Hähle ganz vergessen zu haben, dass seine Partei in Brandenburg eifrig mitregiert und dass dort jede Menge CDU-Politiker mit schlimmen Filzereien auffällig wurden. Hähle unterschätzt auch das Gedächtnis der Wähler, wenn er die bestehenden oder früheren rot-roten Bündnisse in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt für die Zustände in diesen Ländern allein verantwortlich machen will. Rot-Rot fällt nicht einfach vom Himmel, sondern ist vielmehr auch und gerade das Ergebnis übler Vetternwirtschaft der CDU. Münch und Konsorten zu erwähnen, mag hier genügen.
Mit der Einheit erhielt die CDU in Ostdeutschland einen riesigen Vertrauensvorschuss. Sie hat ihn an vielen Stellen erbärmlich leichtfertig verspielt. Offenbar schwindet jetzt auch in Sachsen ihre Fähigkeit zur Selbstreinigung. Das könnte sich aber schnell bitter rächen, wenn 2004 gewählt wird.
(Dieter Soika)