Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 27.09.2003

Der Provokateur Eggert schlüpfte in die Rolle des Staatsverteidigers

Verbal-Duell mit harten Bandagen: Nolle bestreitet Unabhängigkeit der Justiz - „Nachtreten unter der Gürtellinie" - Kurt Biedenkopfs „Absolution" öffentlich gemacht
 
DRESDEN. Am Ende kehrten die beiden zum „Du" zurück. Exoten verstehen sich außerhalb der öffentlichen Arena oft besser, als es der Schein verbaler Kraftmeierei erahnen lässt. Heinz Eggert (CDU) und Karl Nolle (SPD) enttäuschten auf diesem Parkett die Erwartungen nicht. Sachsen kennt keine profilierteren Antipoden, die über die Frage „Wieviel Gepoltere verträgt die Politik?" authentisch streiten könnten.

Der Schlagabtausch gestern nachmittag im Cafe eines Dresdner Kaufhauses hatte hohen Unterhaltungswert und machte einen Moderator nahezu überflüssig. Denn das war ja die Rolle von Eggen im „Grünen Salon" von NTV. Jetzt reizte er Nolle. „Politischen Schwachsinn„ und „Schmutzgeschichten" warf er dem SPD-Schwergewicht vor. Der verteidigte sich, seine Quellen geheim halten und Klartext reden zu dürfen. „Ich bin für knallharte Auseinandersetzung." Da musste zwangsläufig die Rede auf etliche Affären kommen,die Nolle mediengerecht begleitet hat.

Erbarmungsloses Einschlagen auf Ex-Ministerin Weber hielt Eggert seinem Kontrahenten vor. Der rechtfertigte sich mit dem Konter, die Regierung verweigere immer noch Aussagen über die Frage einer Minister-Pension Webers. „Typisch Nolle", reagierte Eggert. Das sei im Gesetz geregelt. Doch Nolle glaubt der Regierung grundsätzlich nichts. „Dieses Land ist seit 14 Jahren durchorganisiert von einer Partei", trompetete er. „Sie wissen, dass wir keine unabhängige Justiz haben."

Starker Tobak, der wohl erklären sollte, dass die Staatsanwaltschaft seine zahlreichen angestrengten Ermittlungen einstellte und aus dem Provokateur Eggert zum Verteidiger des Staates machte. Nolle beschimpfe die Bevölkerung, die schließlich mehrheitlich die CDU gewählt habe, außerdem verleumde er die Justiz. Doch der saß die Attacken aus und griff tiefer in seine Enthüllungskiste. Biedenkopfs Chiemsee-Haus-Bewachung durch vier sächsische Polizisten packte er aus. Da fühlte sich der Ex-Innenminister an
gegriffen. Volksverdummung" und „schäbig" sei das, was er behaupte. Eggert selbst habe Biedenkopf von der Notwendigkeit der Bewachung überzeugen müssen. Die Empfehlung habe das Landeskriminalamt gegeben. Für Nolle nicht glaubwürdig, weil nicht nachprüfbar.

Auch die Paunsdorf-Affäre durfte nicht fehlen. Eggert räumte ein: „Ja, es ist ein Schaden für das Land entstanden". Aber die Gründe, die Wirren des Jahres 1992, wollte Nolle nicht akzeptieren. Worauf sein schwarz gewandeter Gegenüber resignierend von „Mischmasch" und „Nachtreten unter der Gürtellinie" sprach.

„Man darf Sie nicht aufwerten", hatte Eggert eingangs Nolle attestiert, der einzige kräftige Farbflecken in seiner Fraktion zu sein. Am Schluss; als man zum „Du" zurückfand und Eggerts-Landtagszitat „Sein Gewissen ist rein, er hat es nie benutzt" in Erinnerung gerufen wurde, scheute sich der SPD-Mann nicht, eine persönliche Erklärung seines Rivalen Biedenkopfs öffentlich zu machen. Ihm, Nolle, nehme er nichts übel, aber seiner Partei.
(von Hubert Kemper)