Karl Nolle, MdL

LVZ/Leipziger Volkszeitung, Seite 8, 24.09.2003

Sachsens Mittelstand erhält in Studie nur beste Noten

Rückendeckung für Wirtschaftsminister Gillo
 
DRESDEN. Das Werk ist 114 Seiten stark, hat glänzendes Papier und viele bunte Bilder: Gestern stellte Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) den seit langem angemahnten Mittelstandsbericht für Sachsen vor, und die Botschaft war genauso positiv wie die äußere Erscheinung. "Wir sind gut aufgestellt für die Zukunft", sagte der Minister bei der Präsentation der Studie in Dresden, die Untersuchung habe klar belegt: "Innovation, Beharrlichkeit und Flexibilität sind die Stärken unserer Unternehmen."

Das gilt laut Gillo vor allem für den Mittelstand. Von den rund 150 000 Unternehmen, Praxen und Dienstleistern im Freistaat gehörten 99,9 Prozent zu diesem Bereich, entsprechend groß sei die Bedeutung. Kleine und mittlere Betriebe erwirtschafteten 77 Prozent aller Umsätze, stellten 87 Prozent aller Arbeitsplätze in der gewerblichen Wirtschaft. Vor allem aber sei das vom Ministerium beauftragte Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) zu einem glänzenden Ergebnis gekommen: Trotz Wirtschaftsflaute sei Sachsens Mittelstand auf bestem Wege, die in- und ausländische "Konkurrenz einzuholen und vereinzelt sogar Spitzenpositionen einzunehmen" - für Gillo Indiz für gute Förderpolitik.

Solches Lob hat der Minister bitter nötig. Seit Monaten steht der einstige Joker im Kabinett von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) in der Kritik, nicht nur von PDS- und SPD-Seite. Denn als Ex-AMD-Manager gilt Gillo als ein Mann für große Zentralansiedlungen, und entsprechend fordern auch CDU-Wirtschaftspolitiker wie der Dresdner CDU-Abgeordnete Andreas Lämmel ein Umdenken im Ressort - weg vom so genannten Leuchtturmdenken, hin zum Bekenntnis für den Mittelstand.

Das hat Gillo gestern demonstriert. Der Mittelstand habe von nun an "erste Priorität" im Lande, meinte er und präsentierte auch schon Folgen seines neuen Denkens im Ressort: eine gesonderte Mittelstandsabteilung zusätzlich zu den bestehenden. Insider freilich gehen davon aus, dass die Abteilung schlicht geschaffen werden musste, weil eine Spitzenbeamtin nach einer Auszeit zurückgekehrt und damit "übrig" war.

Die Opposition freilich legte gestern ihren Finger in andere Bereiche. Die Studie sei "kein Programm" und schweige zum akuten Fachkräftemangel, sagte Karl Nolle (SPD); im Bericht finde sich kein Wort zu Problemregionen wie der Lausitz oder dem Erzgebirge, monierte Werner Glaesel von der PDS. Dafür konnte sich Freiberg freuen. Die Studie entstand in Kooperation mit der Bergakademie. In Freiberg will Gillo ein CDU-Direktmandat für den Landtag nach 2004 holen.
(von Jürgen Kochinke)