Karl Nolle, MdL
Kleine Volkszeitung Taucha, 07.09.1999
Im Gasthof Zweinaundorf diskutierten Wirtschaftsexperten der Parteien mit Unternehmern
Ostdeutsche Firmen noch zu wenig bekannt
TAUCHA. Wirtschaftsminister Kajo Schommer und die Vorstandssprecherinb der Bündnisgrünen, Gunda Röstel sowie Wirtschaftsexperten der SPD, PDS und FDP stellten sich am vergangenen Mittwoch in einer Podiumsdiskussion den mittelständischen Unternehmern der Region.
Der Mittelstand präsentierte sich im überfüllten Gasthof Zweinaundorf selbstbewußt. "Wir brauchen keine Fördermittel, sondern qualifizierte Arbeitskräfte", forderte so Knut Löschke, Vorstandschef der Leipziger PC-Ware. Zu dieser Frage hatte Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) den Joker jedoch im Ärmel stecken: Mit der Firma Lintec in Taucha sei nachmittags ein "Bündnis für Arbeit" abgeschlossen worden, sagte er. "Wir bilden 40 Mitarbeiter aus, die nach einem halben Jahr von Lintec übernommen werden." Das Konzept ließe sich auch auf an dere Firmen übertragen, bot Schommer an.
Der Wirtschaftsminister vertrat eine Politik der konsequenten Anpassung an den Markt. "Die Unternehmen müssen ihre Absatzmärkte selbst akquirieren", sagte er. Forderungen nach Bevorzugung einheimischer Firmen bei staatlichen Ausschreibungen hielt er entgegen: "Unsere Firmen sollen ja auch in anderen Bundesländern eine Chance haben." Zu Fördermitteln sagte er: "Wir haben Fonds, die nicht belegt sind. Das Kapital ist nicht das Problem, sondern sich auf den Märkten zu behaupten."
Ein anschauliches Beispiel für die Probleme, die dabei auftauchen, bot Lutz Lamparter, Geschäftsführer von Galvano Technik Leipzig. "Wir haben einer großen Firma in den alten Ländern ein Angebot gemacht, das zehn Prozent unter dem des einzigen (westdeutschen) Konkurrenten lag", sagte er. "Trotzdem haben wir den Zuschlag nicht bekommen." Ostdeutsche Firmen hätten immer noch mit einem geringeren Bekanntheitsgrad zu kämpfen, fasste Lamparter zusammen. Schommer sagte zu, sich in ähnlichen Fällen künftig direkt als Vermittler einzuschalten.
Über weite Strecken beschäftigte sich die Podiumsdiskussion jedoch mit den Rahmenbedingungen der Bundespolitik. Über Versuche, die Lohnnebenkosten und Steuern für Arbeitgeber und -nehmer zu senken, schoben sich der CDU-Minister und die Vorstandssprecherin der Bündnisgrünen, Gunda Röstel, gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Im übrigen verstanden sich die beiden so gut, daß den Vertretern der SPD, Karl Nolle, der FDP, Wolfgang Lingk, und der PDS, Maria Gangloff, kaum eine Chance blieb, mit ihren Ansätzen ins Gespräch zu kommen. "Über die Besteuerung erneuerbarer Energien können wir uns bei einem Abendessen unterhalten", schlug Schommer vor. "Gut, wenn ich das Restaurant aussuchen darf", konterte Röstel.
"Ich fand es schade, dass nicht mehr über regionale Themen gesprochen wurde", sagte Mitveranstalter Rolf Seidel, Landtagskandidat der CDU, im Anschluss. "Mich hätte interessiert, wie es mit dem Medienstandort Leipzig weitergeht und ob die Stadt in die Infrastruktur von ICE, Bundesstraßen und der A 38 eingebunden wird."
(St. v. Aretin)