Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 04.11.2003

Aus der Traum: OB Tiefensee gibt seinen Genossen einen Korb

 
LEIPZIG/DRESDEN. Nun also doch nicht: Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (48, SPD) tritt nicht als Spitzenkandidat zur Landtagswahl an.

„Ich möchte abschließend und definitiv wiederholen, dass ich nicht kandidieren werde", sagte Tiefensee. „Mein Platz ist in Leipzig. Ich setze meine ganze Kraft wie bisher für meine Stadt und die Olympiabewerbung ein.“ Eigentlich wollte die SPD erst im April entscheiden, wen sie als Spitzenkandidaten ins Rennen schickt. Doch Tiefensee hatte jetzt die Faxen dicke. „Die ständigen Spekulationen um meine mögliche Kandidatur überlagern unser erfolgreiches Voranschreiten in der Olympiabewerbung.“

Die Entscheidung ist ein Schock für Sachsens SPD. Sie hoffte auf Tiefensee, um bei der Wahl aus ihrem 10-Prozent-Allzeit-Tief herauszukommen. „Ich bedauere diesen Schritt zutiefst, respektiere aber die Entscheidung“, sagte Landesvorsitzende Constanze Krehl. Fraktionsvorsitzender Thomas Jurk mutmaßte, dass Tiefensee mit seinem Verzicht „dem Drängen von NOK und Sponsoren nachgekommen ist". Laut Jurk kann die Partei jetzt nicht mehr bis April warten, um einen Spitzenkandidaten zu bestimmen. Ob nun Krehl oder Jurk die SPD in den Wahlkampf führen wird, soll bereits heute ein Krisengipfel in Berlin klären. Daran nehmen neben Tiefensee, Krehl und Jurk auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und Staatsminister Rolf Schwanitz teil.

CDU und PDS begrüßten Tiefensees Schritt. CDU-Generalsekretär Hermann Winkler: „Das war überfällig für eine erfolgreiche Bewerbung." Winkler hatte sich letzte Woche aus dem Olympia-Aufsichtsrat zurückgezogen, um sich auf den Wahlkampf zu konzentrieren. „Darauf hat die Entscheidung aber keine Auswirkung." PDS-Fraktions-Chef Peter Porsch freute, „dass sich Tiefensee endlich seiner Verantwortung für Olympia und Leipzig besonnen" hat. Folgen für die Wahl sieht Porsch nicht. „Ich glaube nicht, dass Tiefensee viel mobilisiert hätte. Das war ein Mythos." Zu einem neuen SPD-Spitzenkandidaten sagten beide Parteien nichts. Immerhin einer hat sich schon entschieden. „Thomas Jurk ist der ideale Kandidat", sagte der Abgeordnete Karl Nolle. Er hatte bisher für Tiefensee getrommelt.
(Stefan Locke)