Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, ddp, 05.11.2003

Krehl drosselt das Tempo

Nach Tiefensees Verzicht scheiden sich in SPD die Geister an Kandidatenfrage für 2004 - Schwanitz sagt ab
 
Leipzig. Nach der Absage von Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee scheiden sich in der sächsischen SPD die Geister an der Frage nach dem sozialdemokratischen Herausforderer von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Unter den Genossen des Freistaats besteht Uneinigkeit darüber, zu welchem Zeitpunkt wer gekürt werden soll.

Am Freitag will sich der Landesvorstand über den weiteren Fahrplan verständigen. Der Staatsminister im Kanzleramt und vogtländische SPD-Bundestagsabgeordnete Rolf Schwanitz sagte der Nachrichtenagentur ddp, er stehe für eine Kandidatur zur Landtagswahl im September nächsten Jahres nicht zur Verfügung. Sein Platz sei in Berlin, wo er eine wichtige Funktion habe, betonte er nach einem Treffen der sächsischen Parteispitze mit SPD-Generalsekretär Olaf Scholz am Dienstagabend in der Bundeshauptstadt.

Die Landesvorsitzende Constanze Krehl kündigte nach dem Gespräch an, dass der Vorstand am Freitag auf seiner Sitzung in Leipzig eine Entscheidung über das weitere Verfahren fällen wird. Dazu werde sie einen Vorschlag unterbreiten. Aus ihrer Sicht muss sich am bisherigen Zeitplan, der die Kür des Spitzenkandidaten für April vorsieht, nicht unbedingt etwas ändern. Dies komme nur dann in Frage, wenn es einen Termin davor gibt, der «politisch sinnvoller» ist. «Ich sehe keinen Grund, in Hektik zu verfallen», fügte Krehl hinzu.

Fraktionschef Thomas Jurk, der als Befürworter einer schnellen Entscheidung gilt, sagte, Namen möglicher Kandidaten hätten beim Treffen keine Rolle gespielt. Generalsekretär Scholz habe zudem anerkannt, dass der Landesverband die Frage der Spitzenkandidatur selbst regeln wolle. Die SPD in Sachsen hatte bei der vergangenen Landtagswahl 1999 mit einem Stimmenanteil von 10,7 Prozent ihren historischen Tiefstand eingefahren.

Über seine eigenen Ambitionen schwieg sich Jurk weiter aus. Er müsse dies erst einmal mit sich selbst ausmachen. Vom SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle wird Jurk indes favorisiert. Als derjenige, der seit 1990 in der Landespolitik tätig ist und seit 1999 erfolgreich die Fraktion führe, sei Jurk der geborene Herausforderer von Milbradt. Mit Blick auf Ambitionen der Parteichefin und Europa-Abgeordneten Krehl fügte er hinzu, jeder müsse für die Partei dort arbeiten, wo er seine Stärken und Erfahrungen habe und am besten einsetzen könne.

Die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Lausitz und Bundestagsabgeordnete Barbara Wittig sagte, es sei nicht nötig, die Kandidatenentscheidung überhastet zu treffen. Dagegen betonte das Landesvorstandsmitglied Axel Brückom, zugleich Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Chemnitz, wichtig für die Partei sei nun, dass schnell entschieden werde. «Die Zeit, die wir ursprünglich für die Kandidatenkür eingeplant hatten, gibt es nicht mehr», sagte er. Er gehe davon aus, dass sich Krehl und Jurk einigen können. Auch aus Sicht des Dresdner Unterbezirkschef Albrecht Leonhardt und des SPD-Fraktionschefs in der Leipziger Ratsversammlung, Joachim Fischer, darf die SPD nun keine Zeit mehr verlieren. Wer immer Ministerpräsident Milbradt herausfordern wird, brauche eine gewisse Anlaufzeit, um im Land bekannt zu werden, sagte Fischer. Ob letztlich ein Sonderparteitag den Kandidaten küre oder eine Mitgliederbefragung, ist nach Ansicht Fischers egal.
(ddp)