Karl Nolle, MdL

Freie Presse, Stollberger Zeitung, 07.11.2003

Höfer: Landrat Hertwichs „Poesiealbum"

SPD-Fraktionsvorsitzender: Ehrenbuch des Landkreises verkommt zur Privatsache des Landrates - Kreistag soll über Einträge befinden
 
Stollberg. „Landrat Udo Hertwich handelt, als sei der Landkreis seine Privatsache und so benutzt er auch das Ehrenbuch des Landkreises, um ihm genehme, Leute nach Stollberger Landrecht darin zu verewigen, gewissermaßen als sein Poesiealbum zum Nachlesen für ruhige Stunden am heimischen Kamin", sagte SPD-Kreisrat Rolf Höfer. „Wer alles in dem Buch steht, ist mir nicht bekannt. Jedoch nach Eintragung des Jägers Alfred Rentsch muss man hinterfragen, wem alles diese Ehre zuteil wurde." Anlass für die Kritik war die jüngste Eintragung des Mitgliedes des Jagdbeirates in das Ehrenbuch „für sein 45-jähriges Engagement rund um die Jagd".

Empört äußerte sich Rainer Unfried, CDU-Fraktionschef im Kreistag, über die Eintragung von Alfred Rentsch ins Ehrenbuch des Landkreises. „Ich wüsste nicht, was Rentsch für Verdienste aufzuweisen hat, die rechtfertigen, ihn ins Ehrenbuch des Landkreises einzutragen. Ich könnte sofort 100 Leute aus dem Landkreis nennen, die es verdient hätten, mit einem Eintrag in das Ehrenbuch geehrt zu werden.

Oliver Arnold, Fraktionschef der FWU im Kreistag: „Es ist ein Skandal, dass Hertwich ohne den Kreistag entscheidet, wer in das Ehrenbuch eingetragen wird. Das bedürfe künftig einer klaren Regelung. Diese Aufgabe könnte der Altestenrat des Kreistages übernehmen, doch dessen Gründung wurde bislang von der CDU-Fraktion des Kreistages verhindert."

Für Hertwich scheint das alles kein Problem zu sein. Auf Anfrage von „Freie Presse" ließ Hertwich mitteilen, dass er nicht gewusst haben will, dass Rentsch DDR-Funktionär gewesen sei. Seine „Verdienste" für das Jagdwesen im Landkreis sind zudem unleugbar: Auf Anfrage bestätigte Landrat Hertwich, dass Rentsch bei der Abnahme seiner Jagdprüfung am 26. März 2002 Leiter des Prüfungsschießens war. Und auch das, bestätigte Landrat Hertwich auf Anfrage, dass Rentsch mit 68 Jahren noch einmal die Schulbank drücken musste, da er zur besagten Prüfung zum Mitglied des Prüfungsausschusses bestellt worden war, der Hertwich und weiteren Prüflingen die Jägerprüfung bescheinigte. Rentsch war insbesondere für das Prüfungsschwimmen verantwortlich.

Befragte Kreisräte verlangten eine klare Regelung, wer für die Eintragung in das Ehrenbuch des Landkreises verantwortlich sein soll. Das könne nicht der alleinigen Entscheidung des Landrates vorbehalten bleiben. Das Ehrenbuch sei ein Ehrenbuch des Kreises, folglich müsste der Kreistag darüber befinden. Menschen, die in das Ehrenbuch eingetragen werden, sollten etwas Herausragendes für den Landkreis Stollberg und für die Mitbürger vollbracht haben. Freilich sei da kein Bereich des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen, nur der Kreistag müsse darüber befinden.
(von Frank Walenszus)

(siehe andere Artikel zu Hertwich nach Fragen von Karl Nolle)