Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 20.11.2003

Jetzt soll's die SPD-Basis richten

Krehl will sich zur Spitzenkandidatin küren lassen
 
Bochum. Constanze Krehl geht in die Offensive. Die Landesvorsitzende der sächsischen SPD will den Kandidaten, der im kommenden Jahr bei der Landtagswahl Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) herausfordert, von der Basis in einer Urwahl bestimmen zu lassen. Wir brauchen inhaltliche und personelle Geschlossenheit sowie Führungsstärke", erklärte die Europaabgeordnete gestern am Rande des SPD-Bundesparteitages in Bochum vor Journalisten. Sie erhoffe sich einen „fairen Wettbewerb", der die Partei stärken werde. „Die Parteimitglieder können zwischen zwei wirklich guten Partnern entscheiden", so Krehl.

Daran, dass sie sich selbst dieser Urwahl stellen will und wird, ließ sie keine Zweifel aufkommen - aber der Name ihres Gegenspielers Thomas Jurk, derzeit Fraktionschef im Landtag, findet sich weder in der verteilten Pressemitteilung, noch ging sie in ihrer Rede darauf ein. Die Begründung hierfür lieferte Krehl gleich mit - wenn auch ein wenig verschlüsselt. Sie wolle mit dem von ihr vorgeschlagenen Vorgehen dem Vorurteil entgegentreten, sie könne eine Urwahl nicht gewinnen. Denn: Viele sächsische Sozialdemokraten an der Basis gehen davon aus, dass Jurk bei den Mitgliedern die besseren Karten habe.

Tags zuvor war Krehl erneut in den SPD-Bundesvorstand gewählt worden, außerdem steht sie seit dem Parteitag auf dem sicheren Listenplatz sechs für die Europawahl im kommenden Jahr.

Apropos Wahlen: Nach dem desaströsen Ergebnis bei den Vorstandswahlen für Generalsekretär Olaf Scholz sowie das mäßige Abschneiden von Wolfgang Clement bei der Abstimmung über die stellvertretenden Vorsitzenden rügte Parteichef Gerhard Schröder das Wahlverhalten der Delegierten. Dies sei „ein Stück kollektive Unvernunft" der Parteibasis. „Das ist nicht schön, ich will das nicht schönreden", sagte Schröder. Der SPD-Chef soll nach Medienberichten Niedersachsens Parteichef Wolfgang Jüttner in scharfer Form verantwortlich für das schlechte Wahlergebnis gemacht haben. So habe der Kanzler Jüttner in lautem Ton vorgeworfen: „Was Ihr da abgeliefert habt, war eine Sauerei!" Außerdem soll er Jüttner gedroht haben: „Euch mache ich fertig." Jüttner kommentierte die Meldungen nicht. In SPD-Kreisen wurden sie in der Tendenz bestätigt.
(von Christian Meier)