Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 19:16 Uhr, 25.11.2003

«Absolut astrein» - WMP-Vorstand Bilges verteidigt PR-Kampagne vor Wahl 1999 - Winkler: Es gab keinen Verein

 
Dresden (ddp-lsc). Zwei Schlüsselfiguren der umstrittenen PR-Aktion «Sachsen für Sachsen» vor der Landtagswahl 1999 sind am Dienstag vor dem Sachsenring-Untersuchungsausschuss erheblich unter Druck geraten. Während der Vorstand der Beratungsfirma WMP, Hans-Erich Bilges, sich zur Distanzierung von eigenen Äußerungen im Zusammenhang mit der Zielrichtung der Kampagne veranlasst sah, kam Viola Winkler vor dem Gremium ein Titel abhanden. Die 45-Jährige, die sich Mitte 1999 als Geschäftsführerin der Initiative präsentierte, räumte ein, dass es einen entsprechenden Verein gar nicht gab. Ein Zitat, demzufolge sie die Aktion vor einem Jahr als Werbung für Ex-Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) bezeichnet hatte, zu der sie stehe, stritt Winkler ab.

Bilges verwies während seiner vierstündigen Vernehmung mehrmals darauf, entscheidend sei doch, was bei PR-Aktionen hinten heraus komme. Und so wie die Initiative «Sachsen für Sachsen» kurz vor der Landtagswahl 1999 gelaufen sei, könne sie wirklich nicht als Kampagne für die Landesregierung bezeichnet werden, sagte das 59-Jährige Vorstandsmitglied der PR-Beratungsfirma WMP EuroCom AG. Dass er ihr Ziel noch am 27. November 2002 - kurz nach Bekannt werden von Ungereimtheiten - in einer Erklärung damit umschrieb, deutlich zu machen, was Sachsens CDU-Regierung nach der Wende erreicht habe, sei wohl etwas «unscharf» gewesen.

«Unglückliche Formulierungen» habe es auch in seinem Konzeptentwurf vom Herbst 1998 gegeben, räumte Bilges ein. Vorgeschlagen wurden in dem Papier unter anderem permanente öffentliche Diskussionsforen unter dem Titel «PDS fordert - Experten antworten» - und zuvor «intensive Schulungen über die dialektischen Künste der PDS». Weiter hieß es, insbesondere im MDR müsse eine Leistungsbilanz «Zehn Jahre nach der Wende» dargestellt werden, in die «durchaus Kritisches mit hinein» sollte, «auch Kritik an der CDU. Das ganze wirkt dadurch nur glaubwürdiger.» Dieses Konzept sei jedoch bereits zu Jahresanfang 1999 obsolet gewesen, betonte Bilges - obwohl es noch Ende Januar von WMP in unveränderter Version an die Beteiligten gefaxt wurde. Die Aktion selbst, die vor allem Postwurfsendungen und Zeitungsanzeigen umfasste, sei dann «absolut astrein» gewesen.

«Sachsen für Sachsen» wurde vor allem mit von dem inzwischen insolventen Zwickauer Automobilzulieferer Sachsenring finanziert. Deren Ex-Vorstandschef Ulf Rittinghaus hatte das Engagement, das knapp drei Millionen Mark umfasst haben soll, mit einem um vier Millionen Mark erhöhten staatlichen Zuschuss zugunsten von Sachsenring begründet, den ihm Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) zum Ausgleich angeboten habe. Schommer bestreitet dies vehement.

Bilges brachte am Dienstag indes auch die Argumentation von Schommer ins Wanken: Dieser hatte behauptet, WMP habe im Jahr 1999 nur dank der Kampagne Umsätze ausweisen können. Dies treffe nicht zu, der Anteil der Aktion habe maximal 20 Prozent betragen, sagte Bilges. Opposition und CDU bewerteten alle seine Aussagen indes unterschiedlich.
(Quellen: Alle vor Ausschuss; Parteien in Pressemitteilungen)
(Von ddp-Korrespondent Tino Moritz)

ddp/tmo/roy
251916 Nov 03