Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 26.11.2003

"Deutlich machen, was die Landesregierung erreicht hat"

Sachsenring-Untersuchungsausschuss im Landtag
 
Dresden. Eine kommunikative Meisterleistung von Hans-Ulrich Bilges war das nicht. Der Gesellschafter und Vorstand der Agentur WMP hat sich gestern vor dem Sachsenring-Untersuchungsausschuss des Landtags mit widersprüchlichen Äußerungen präsentiert. Häufig verwies er auf mangelndes Erinnerungsvermögen und wenn er mit Schriftstücken konfrontiert wurde, die von ihm stammen, aber seinen gerade gemachten Aussagen widersprachen, zuckte er nur mit den Schultern: "Ich bitte Sie, was man halt so herunter diktiert".

Der Ausschuss untersucht, ob die Staatsregierung beim Verkauf des Dresdner Halbleiterherstellers ZMD 1998 einen Zuschuss um vier Millionen Mark erhöhte, damit der Käufer Sachsenring AG (SAG) im Gegenzug eine CDU-nahe Kampagne im Wahljahr 1999 finanziert. Ex-SAG-Vorstand Ulf Rittinghaus behauptet, der damalige Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) habe ihm zunächst eine Spende für die CDU und dann das Verfahren über den Zuschuss nahe gelegt. Schommer bestreitet das. Er habe bei einem Treffen am 9. Oktober 1998 höchstens in flapsiger Art gesagt, dann spenden sie doch fünf Millionen.

PDS und SPD waren die "Gegner"

Zur Kampagne ("Sachsen für Sachsen") jedenfalls kam es und sie wurde von der WMP entwickelt, die jetzt gerade mit ihrem Engagement für die Bundesanstalt für Arbeit von Florian Gerster (SPD) auf sich aufmerksam gemacht hat und deren Aufsichtratschef Hans-Dietrich Genscher (FDP) ist. Im Konzept hieß es sinngemäß, die CDU sollte nicht als Organisator in Erscheinung treten, damit es nicht nach Parteipolitik aussieht. "Wir wollten nicht spalten", sagte Bilges. Er hätte bei seinen Besuchen in einer Dresdner Zeitung ja die ängstlichen Blicke gesehen: "Da kommen die Eroberer". Und bei dem, was aus dem Westen kam, sei ja auch "viel Schrott" dabei gewesen. Er wollte deshalb auf das hinweisen, was die Menschen hier geleistet hätten. Dennoch wurde in dem Konzept von "Gegnern" wie der PDS oder der SPD gesprochen. Das war doch nur ein Zwischenstand, sagte Bilges. "Hängen sie sich an dem Wort Gegner nicht auf".

An ein Schreiben an Ulf Rittinghaus, dass die Unterschrift "sei bestens gegrüßt Hans-Erich Bilges" trägt, könne er sich "beim besten Willen" nicht erinnern. Darin wird Rittinghaus gelobt, dass er die Sache mit der Spende Schommer gegenüber abgelehnt habe. Bilges stellte das Schreiben als Fälschung dar. Er würde diese Grußformel nie verwenden und ein anderes "H" schreiben.

Mit der Staatsregierung habe die Kampagne nichts zu tun gehabt, sagte Bilges vor dem Ausschuss. In einem DNN vorliegenden WMP-internen Papier schrieb er jedoch am 27. November 2002, die Kampagne hatte das Ziel, "deutlich zu machen, was die Landesregierung (,,,) erreicht hat". Auf den Widerspruch hingewiesen, sagte er dem Ausschuss, der Begriff "Landesregierung" sei vielleicht "etwas unscharf".

Bilges bezeichnet Angaben Schommers als "falsch"

Bilges widersprach aber auch den Aussagen von Schommer vor dem Ausschuss. Dieser hatte die Kampagne als "Rittinghaus und Freunde für Rittinghaus und Freunde" bezeichnet. Rittinghaus habe der WMP Geld zukommen lassen, an der er selbst beteiligt war. Ohne die Kampagne hätte WMP 1999 gar keinen Umsatz ausweisen können. "Das ist falsch", erklärte Bilges. Die Sachsen-Kampagne habe vielleicht 16 Prozent des Jahresumsatzes ausgemacht.

Schommers Aussage hatte vor Bilges auch der frühere Fahrer von Ulf Rittinghaus, Wolfgang Kießling, in Frage gestellt. Der inzwischen arbeitslose Mann gab an, am 9. Oktober 1998 das Gespräch von Schommer und Rittinghaus aus etwa zwei bis 2,5 Metern Entfernung verfolgt zu haben. Schommer hätte die Unterhaltung auf die Landtagswahl 1999 und die fünf Millionen Mark gebracht. Von Flapsigkeit und Weinlaune sei nichts zu spüren gewesen.

zuguterletzt kam Viola Winkler vor dem Ausschuss ein Titel abhanden, berichtete ddp. Die 45-Jährige, die sich Mitte 1999 als Geschäftsführerin der Initiative "Sachsen für Sachsen e.V." präsentierte, räumte als dritte Zeugin gestern ein, dass es einen entsprechenden Verein gar nicht gab. Ein Zitat, demzufolge sie die Aktion vor einem Jahr als Werbung für Ex-Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) bezeichnet hatte, zu der sie stehe, stritt Winkler ab.
(von Ingolf Pleil)