Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 13.12.2003

Krehl gegen Jurk oder eine Doppelspitze?

 
Dresden/Leipzig. Mit der Verkündung eines Wahlprogramms hat Sachsens SPD-Chefin Constanze Krehl Teile der Partei erneut aufgebracht. Juso-Chef Martin Duhlig etwa nennt es gegenüber unserer Zeitung "ungeschickt", schon jetzt ein Wahlprogramm zu veröffentlichen und nicht das Ergebnis der Urwahl zwischen Krehl und Landtags-Fraktionschef Thomas Jurk abzuwarten. Beide wollen Spitzenkandidat zur Landtagswahl im September 2004 werden und stellen sich am 1. Februar nach acht Regionalkonferenzen den 4800 Mitgliedern zur Abstimmung.

"Inhalt und Person sollten übereinstimmen. Und dies ist erst nach der Urwahl möglich", sagte Duhlig. Die Debatte wurde auch gestern Abend im Landesvorstand ausgetragen. Krehl wies indes die Kritik zurück. Das Papier sei Ergebnis einer seit Monaten tagenden Arbeitsgruppe. Die Zeit dränge. "Wir können ja nicht erst im September ein Programm vorlegen." Wirtschaftspolitiker Karl Nolle geht indes davon aus, dass das Papier intensiv diskutiert und beschlossen wird, wenn ein Spitzenkandidat feststeht. Jurk selbst sagte unserer Zeitung, die Inhalte in Krehls Programmentwurf decken sich mit den Beschlüssen der Landtagsfraktion, er habe daher kein Problem damit. Er wolle aber das Wahlprogramm nach einer gewonnenen Urwahl im Februar vorlegen.

Krehl tritt mit dem Papier für Mittelstandsförderung besonders in strukturschwachen Regionen, für eine Bekämpfung der Schwarzarbeit, grenzüberschreitende Kooperationen, eine Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft und eine weitere Förderung des zweiten Arbeitsmarktes ein. Weitere Schwerpunkte sind Bildung, Familienförderung, Unterstützung der Kommunen und die EU-Osterweiterung.

Der Vorsitzende des Landesparteirates, der Brandiser Frank Mieszkalski, fordert - wie DGB-Chef Hanjo Lucassen - eine Doppelspitze und den Verzicht auf eine Spitzenkandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten. "Ich wünsche mir, dass uns die beiden mit einem solchen Weihnachtsgeschenk überraschen", sagte Mieszkalski unserer Zeitung. Angesichts von Umfragewerten von 10 bis 15 Prozent sei es unangemessen, zu denken, dass die SPD ab 2004 den Regierungschef stelle. Mit Jurk als Fachmann für Landes- und Krehl als Expertin für Bundes- und Europapolitik wäre eine Konzentration auf Inhalte möglich. "Die SPD muss ein Politikangebot machen, statt ihre Kräfte zu verschleißen", so Mieszkalski.

Der Unterbezirk Nordsachsen und der Kreisvorstand von Delitzsch-Eilenburg haben sich für eine Doppelspitze mit Jurk als Spitzenkandidat ausgesprochen. "Er hat dafür die meisten Kompetenzen, da er bisher die Landtagsfraktion geführt hat", sagte Kreischefin Liane Deicke unserer Zeitung. Der Unterbezirk bittet die Kandidaten in einem Brief, sich noch zu einigen. Krehl lehnt einen Rückzug aber ab. "Ich bin überzeugt, dass ich die bessere Herausforderin von Georg Milbradt bin."
(von Sven Heitkamp)