Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa-/sn, 16:50 Uhr, 22.12.2003

Sachsenring-Untersuchungsausschuss: Nolle fordert Akten - Milbradt weist Vorwürfe zurück

 
Dresden (dpa/sn) - Angeblich aus der Staatskanzlei verschwundene Akten zur Kampagne «Sachsen für Sachsen» sollen in der CDU- Landesgeschäftsstelle aufgetaucht sein. Das gab der SPD-Obmann im Sachsenring-Untersuchungsausschuss, Karl Nolle, am Montag bei der Vernehmung von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) zu Protokoll. Milbradt versprach Aufklärung. Bislang wurde bestritten, dass es zur Kampagne spezielle Regierungsakten gab. Laut Nolle hätten Zeugen bei einem Gespräch mit CDU-Fraktionsgeschäftsführer Erhard Weimann erfahren, wo die Akten liegen. Die Akten müssten unverzüglich dem Ausschuss übermittelt werden. Weimann wies die Aussagen Nolles unterdessen als «Blödsinn» zurück.

Das Gremium will klären, ob eine Firmenspende der Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) für die CDU-nahe Sachsen-Kampagne im Jahr der Landtagswahl 1999 in Verbindung steht mit höheren Zuschüssen, die die SAG beim Kauf des staatseigenen Chip-Herstellers Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) vom Land erhielt. Sie sollten zunächst 25 Millionen Mark betragen, wurden später aber um 4 Millionen Mark erhöht. Milbradt - damals Finanzminister im Kabinett von Kurt Biedenkopf (CDU) - verneinte eine Verbindung zwischen beiden Vorgängen. «Eine Verquickung staatlicher Zuwendungen und parteipolitischer Interessen hat es mit mir nicht gegeben und wird es mit mir nicht geben», sagte er.

Auch der vormalige Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) und sein Ex-Staatssekretär Wolfgang Vehse hatten eine Verbindung zwischen beiden Vorgängen in Abrede gestellt. Dem steht die Aussage des früheren Sachsenring-Vorstandes Ulf Rittinghaus gegenüber. Nach seinen Worte hatte Schommer ihn damals unabhängig von der Kampagne um eine Spende für die CDU in Höhe von 5 Millionen Mark gebeten. Da Sachsenring das staatseigene ZMD kaufen wollte, habe sich der Automobilzulieferer zur Unterstützung für die Aktion «Sachsen für Sachsen» in Höhe von 3 Millionen Mark genötigt gefühlt.

Milbradt zufolge war «Sachsen für Sachsen» keine Kampagne der Regierung oder der CDU. Nach seinem Eindruck sollte sie vielmehr den Sympathiewert Sachsens außerhalb des Landes erhöhen. Milbradt räumte ein, dass damit auch ein wenig «Glanz» auf die Regierung gefallen sei. Zugleich rechtfertigte er den Verkauf von ZMD. Er sei als Finanzminister an einer raschen Privatisierung interessiert gewesen, weil das Unternehmen eine Belastung für den Staatshaushalt bedeutete. Seine einzige Einflussnahme auf den Verkauf habe lediglich darin bestanden, dem Freistaat eine Option auf Anteile des Unternehmens zu sichern. Milbradt bestritt den Vorwurf von Rittinghaus, der Freistaat trage Verantwortung für die Insolvenz von Sachsenring im Mai 2002.

CDU und PDS kamen am Nachmittag erwartungsgemäß zu unterschiedlichen Bewertungen der Vernehmung. Nach Meinung von PDS- Obmann Klaus Tischendorf konnte Milbradt den Vorwurf einer «getarnten Wahlkampagne "Sachsen für Sachsen"» nicht entkräften. Zur Aufklärung des Sachverhaltes habe Milbradt nichts beitragen können. Die CDU hingegen sieht durch Milbradts Aussagen die Variante vom «Spendendeal» endgültig vom Tisch.

dpa su yysn gr
221650 Dez 03