Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16: 18 Uhr, 22.12.2003

Sie hatten Angst vor mir» - Zeuge Milbradt gibt sich im Sachsenring-Ausschuss keine Blöße

Weimann nennt Nolle-Vorwurf «Blödsinn»
 
Dresden (ddp-lsc). Neun Monate vor der nächsten Landtagswahl hat Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) einen Auftritt vor dem Sachsenring-Untersuchungsausschuss ohne größere Probleme überstanden. Als Zeuge sagte er aus, dass er zu seiner Zeit als Finanzminister mit der umstrittenen PR-Aktion «Sachsen für Sachsen» im Vorfeld der Landtagswahl 1999 nichts zu tun gehabt habe und der Verkauf des Zentrums für Mikroelektronik (ZMD) an den Hauptfinanzier der Kampagne, die Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG), Ende 1998 ein Erfolg gewesen sei. Miteinander zu tun hätten beide Vorgänge nicht, eine Verquickung staatlicher Interessen mit Parteiinteressen habe es mit ihm nie gegeben und werde es auch in Zukunft nicht geben.

Genau zwei Stunden lang war der Termin für den Regierungschef und CDU-Landesvorsitzenden ein reines Kinderspiel. Erst als SPD-Ausschussobmann Karl Nolle das Fragerecht übernahm, schien Milbradt nervös. In eine Frage gekleidet stellte Nolle, schon für Kurt Biedenkopf (CDU) so etwas wie der politische Totengräber, den Verdacht in den Raum, dass Akten der Staatskanzlei zu dem Vorgang «Sachsen für Sachsen» mittlerweile in der CDU-Landesgeschäftsstelle gelandet seien. Ob Milbradt bekannt sei, dass CDU-Fraktionsgeschäftsführer Erhard Weimann dies vor Zeugen gesagt habe?

Auf weiteres Nachfragen erklärte sich Milbradt dazu bereit, eine Prüfung zu veranlassen. Schenkt man Weimann Glauben, dürfte in der Parteizentrale keine Akte zu finden sein. Schließlich sei die Nolle-Behauptung «Blödsinn», er habe weder Zugang zu Akten der Staatskanzlei noch zu Akten der Partei.

Milbradt betonte während der Zeugenvernehmung, der Verkauf von ZMD sei für den Freistaat viel günstiger ausgefallen als es eine mögliche Liquidation oder die Weiterführung als Landesbetrieb gewesen wäre. Dass der Zuschuss für Sachsenring von 25 auf 29 Millionen Mark erhöht worden sei, liege vermutlich daran, dass dem Käufer die 25 Millionen Mark nicht ausgereicht hätten. Insgesamt habe der Freistaat auch mit der um vier Millionen Mark erhöhten Dreingabe ein gutes Geschäft gemacht.

Ein gutes Geschäft hätte aber auch die SAG gemacht, wenn der Vorwurf von Ex-Vorstandschef Ulf Rittinghaus denn zuträfe - dass die knapp drei Millionen Mark für die Kampagne «Sachsen für Sachsen» als Gegenleistung für den um vier Millionen Mark erhöhten Zuschuss beim ZMD-Geschäft geflossen seien. Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) hatte indes entschieden zurückgewiesen, dies der SAG angeboten zu haben.

Entschieden widersprach Milbradt auch der These, dass der ZMD-Kauf wegen Verzögerungen eines anhängigen EU-Modifizierungsverfahrens die SAG in die Insolvenz geritten hat. Vielmehr habe sich Sachsenring mit dem Kauf von ZMD sanieren wollen. Im übrigen habe er die Firmenchefs Ulf und Ernst Wilhelm Rittinghaus schon immer als «Gebrüder vom Stamme Nimm» erlebt und sei ihnen stets sehr skeptisch gegenübergetreten. Auf der anderen Seite «hatten sie Angst vor mir», sagte Milbradt, der für seinen besonderen Sparfimmel als Finanzminister bekannt und gefürchtet war.
(Von ddp-Korrespondent Tino Moritz)

(Quellen: Milbradt und Nolle vor Ausschuss; Weimann auf Anfrage)
ddp/tmo/roy
221618 Dez 03