Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, Seite 6, 19.01.2004

Vereinsmeier in Uniform

Neuer Ärger für den Innenminister: Haben Polizisten Dienst und Freizeit vermengt?
 
Nach den Vorwürfen gegen einen leitenden Mitarbeiter des Innenministeriums gerät nun ein weiterer Verein unter Verdacht. Auch hier sollen Beamte dienstliche und private Interessen vermengt haben.

Der Name des Vereins lässt zunächst nur Gutes vermuten: „Förderkreis Demokratie und innere Sicherheit e.V. Sachsen“ (FDS). Gründer und Macher sind Angestellte der Landespolizeischule Sachsen, die ebenso wie der Verein ihren Sitz in Bautzen hat. Die Mehrzahl der rund 30 Mitglieder kommt überwiegend aus der Landespolizei, darunter sind zahlreiche Polizeiführer.

Jetzt gibt es die Vermutung, dass die Kontakte zwischen Schule und Verein enger als zulässig sind. Mit einer Reihe von parlamentarischen Anfragen verlangt der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle Aufklärung. Offenbar verfügt er über konkrete Hinweise, dass der Verein die Infrastruktur der Landespolizeischule nutzen könnte und dass Bedienstete der Schule während ihres Dienstes für den Verein tätig sein könnten. Das Innenministerium hat bereits reagiert. Auf SZ-Anfrage bestätigte dessen Sprecher Thomas Uslaub, dass aus der Polizeischule „Daten erhoben“ würden.

Polizeischule und FDS machen aus ihrer Zusammenarbeit kein Geheimnis. So führten sie im September vergangenen Jahres gemeinsam mit dem US-Generalskonsulat und der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Fachtagung zur organisierten Kriminalität durch. Nun will Nolle wissen, ob diese Veranstaltung der Polizei von diesen Organisationen gesponsert wurde. Auch das so genannte FDS-Frühjahrstreffen 2003 fand an der Landespolizeischule statt. Für das Jahr 1999 wurde im FDS unter anderem eine Exkursion nach Mecklenburg-Vorpommern besprochen, die „als Dienstreise für PolizeibeamtInnen und FDS-Mitglieder“ geplant werden sollte. Ob der private Verein tatsächlich auf Kosten des Steuerzahlers reiste, ist derzeit unklar.

Verein: Wenn etwas sauber ist, dann wir

Nolle selbst wollte sich nicht näher äußern. Dabei geht sein Verdacht noch weiter. Seinen Anfragen ist die Vermutung zu entnehmen, dass der Verein in unzulässiger Weise Einfluss auf die polizeilichen Führungsstrukturen nehmen könnte. So fragt Nolle, ob die sächsische Polizei ausreichend davor geschützt sei, wenn „nachgeordnete Bedienstete unter Zuhilfenahme privater Vereine“ versuchten, vorhandene Führungsstrukturen zu unterwandern.

Den FDS gibt es seit etwa sieben Jahren. Am Anfang gehörte Innenstaatssekretär Hartmut Ulbricht (CDU) zum Vereinsbeirat. Einer der Mitgründer ist Michael Hauck, ein leitender Mitarbeiter der Landespolizeischule. Derzeit wird Klaus-Peter Reidl im Vereinsregister des Bautzner Amtsgerichts als Vereinsvorsitzender geführt. Eine Telefonnummer oder eine Anschrift des Vereins sei auf der Karteikarte des Registers nicht verzeichnet, so die amtliche Auskunft. Reidl ist Angestellter der Schule. Schulleiter Gerd Ley ist seinerseits Mitglied im Verein, ebenso sein Stellvertreter Gerhard Burkhard.

Burkhard reagierte gelassen auf die Untersuchung des Innenministeriums. An den Vorwürfen sei nichts dran, sagte er der SZ. Alle Angestellten der Schule seien lediglich ehrenamtlich als Referenten für den FDS tätig. Der Verein müsse wie andere Nutzer auch zahlen, wenn er Veranstaltungen in der Schule durchführe. Die Schule habe sofort alle Fragen aus Dresden beantwortet und die notwendigen Unterlagen übermittelt. Burkhard bestätigte, dass der FDS durchaus meinungsbildend in der Polizei und nach außen wirken wolle und gegründet wurde, um die Bürgernähe zwischen der Schule und den Einwohnern der Region zu intensivieren. „Wenn etwas sauber ist, dann ist es der FDS“, so Burkhard.

Die Ansicht wird im Innenministerium offenbar nicht ganz geteilt. Wie zu hören ist, werfen die Informationen der Bautzner Schule neue Fragen auf. Deshalb werde derzeit geprüft, ob disziplinarische Ermittlungen einzuleiten sind.
(Von Thomas Schade)