Karl Nolle, MdL
KBA Planeta Druckmaschinen Radebeul, 05.09.2003
Fachkongress: Hybrid Praxiserfahrungen aus dem Druckhaus Dresden
Anrede
Ich bedanke mich herzlich bei den Gastgebern, dass ich hier heute mit Ihnen über meine Positionen und Erfahrungen ins Gespräch kommen kann.
Bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme, möchte ich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen:
“Jeden Morgen wacht in Afrika eine Gazelle auf. Sie weiß, sie muss schneller laufen als der schnellste Löwe, um nicht gefressen zu werden.
Und jeden Morgen wacht in Afrika ein Löwe auf.
Er weiß, er muss schneller sein als die langsamste Gazelle, um nicht zu verhungern.
Egal also, ob Du Löwe oder Gazelle bist, wenn die Sonne aufgeht, musst Du rennen.«
Deshalb, meine Damen und Herren sitzen wir hier heute zusammen, um schnell zu sein und um uns darüber zu unterhalten noch schneller und noch besser zu sein, denn das ist die Vorraussetzung um täglich erfolgreich zu sein.
Mein Name ich Karl Nolle. Ich bin Gesellschafter/Geschäftsführer der Druckhaus Dresden GmbH in Dresden und Verbandsvorsitzender des Verbandes der Druckindustrie in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit ca. 200 Druckerei-Unternehmen in den drei Ländern.
In meinem Unternehmen arbeiten zur Zeit 70 Setzer, Drucker und Buchbinder, um das mal mit den klassischen Berufsbezeichnungen zu benennen. Selbstverständlich ist für uns die Ausbildung junger Menschen in den Berufen eines Mediendienstleisters und ich füge hinzu,
wenn die Druckindustrie hier in Ostdeutschland nicht genügend ausbildet, ja sogar nicht über den aktuellen Bedarf hinaus ausbildet, dann sägen wir uns den Ast ab auf dem wir allle sitzen. Denn das ist unsere Zukunft.
Anrede
Gerade haben bei uns fünf junge Leute mit einer Lehre begonnen, insgesamt haben wir 8 Lehrlinge, eine Ausbildungsquote, wie ich sie mir als Mittelständler auch bei anderen Unternehmen wünschen würde, besonders bei den Großen der Branche.
Unser Druckhaus sieht auf eine Drucktradition seit 1908 zurück, fast 100 Jahre mit einem Neuanfang 1990. Das sind die hundert Jahre in denen sich der heutige Offsetdruck bis zur Perfektion entwickelt hat.
Dies ging und geht immer parallel zur Entwicklung im Druckmaschinenbau und was heute dazugekommen ist, zur digitalen Datenverarbeitung in einer vernetzten Druckerei.
Nur am Rande möchte ich erwähnen, das sich in unserem Hause das weltweit einzige Lichtdruckmuseum befindet, indem noch der Königsweg des Druckens praktiziert werden kann und zuweilen auch noch wird. Lichtdruck, oder englisch collotype ist das einzige echte Halbtondruckverfahren und das von der Gelantineschicht einer Glasplatte mit 8 – 12 Farben.
In unserem Haus sind somit einige hundert Jahre Druckerfahrung und Drucktechnologie versammelt, auch wenn ich selber noch nicht ganz so alt aussehe.
Es ist sicher nicht aufregend, wenn ich Ihnen sage, dass wir auf klassischen Heidelberger Speedmastermaschinen im Format 70 x 100 arbeiten, darunter eine Achtfarben. Diese Maschinen sind dreischichtig ausgelastet.
In unserer Vorstufe arbeiten wir mit dem Prinergy-Workflow auf zwei Creo CTP-Belichtern, natürlich auch mit Staccato auf Kodak DITP Gold Druckplatten aus Osterode.
Vielleicht interessiert Sie noch, seit wann wir CTP Erfahrung haben. Wir haben seit jetzt fünf Jahren eine 100 %-ige CTP Integration realisiert, zu Beginn als Betatestkunde für die verbindung Deltaliste mit dem Trendsetter.
Wir arbeiten seit dem mit CTP hochqualitativ und blitzschnell, was die Montage und Druckplatten angeht und dadurch auch völlig störungsfrei im Druck was die klassischen Stillstandszeiten durch Platten fehler betrifft.
Natürlich gehört zu uns eine komplette Vorstufe und eine vollstufige Industriebuchbinderei und alles was zu Mailing, Adressierung sowie Zeitschriften und Drucksachenversand, Datenaufbereitung und Versandkostenoptimierung dazugehört.
Anrede
Als einer der innovativer Marktführer in Ostdeutschland haben wir uns genau vor einem Jahr nach einer Ergänzung unseres Maschinenparks, der klassischen Heidelberger Schön und Widerdruckmaschinen umgesehen.
Dies haben wir mit unseren Erfahrungen in Service, Kundenfreundlichkeit und technischer Zuverlässigkeit getan und ich muß Ihnen hier sagen: Das Rennen hat dieser traditionsreiche ostdeutsche, sächsische, Radebeuler, ja Dresdner, Druckmaschinenhersteller gemacht.
Seit 13. Januar läuft bei uns eine KBA 105 und dabei bereits in zwei Schichten ausgelastet.
Verzeihen Sie mir meine Euphorie, wenn ich sage diese Fünffarben Maschine mit Bruno und Harris-Kammerrakel-Lackierturm, verlängerter Auslage und allen denkbaren Trockner- und Zwischentrockner-Ausstattungen von Grafix sowie alkoholreduzierter Feuchtwasseraufbereitung von Baldwin ist nicht nur eine Fünffarben mit Lack sondern eine vier Sternedruckmaschine mit einem fünften Stern, der Hybridtechnologie.
Anrede
Damit sehen wir in der Tat glänzend aus. Ganz anders als die Kollegen, die die Zeit verpaßt haben und sich nun beklagen, dass der Lack ab ist.
Diese Hybrid-Maschine aus Radebeul ist ökozertifiziert, an unsere energiekostensparende zentrale Luftversorung mit Merlin-Aggregaten von Busch angeschlossen und ist verbunden, wie alle unsere 20 Druckwerke, mit unserem
zentralen Farbtemperierungsystem von masterflo aus Canada.
Wir können jedes Farbwerk individuell temperieren und darüber exakt die optimale Farbtemperatur und Viskosität der Farbe definieren und über drei Schichten absolut stabil einhalten, ebenso wie die auf 0,3 % genaue zentrale Alhoholdosierung unserer Feuchtwerke.
Erwähnen möchte ich noch, dass wir die gesamte Prozesswärme der Druckerei, der Kühl- und Trockneranlagen über eine Glykolrückkühlung an die Außenluft abführen und somit die selbstverständlich vorhandene Klimaanlage nicht durch Wärmeenergievernichtung unnötig belastet wird.
Mit der Installation der neuen Hybrid und UV-Technologie einher geht eine sehr aufwendige und wirkungsvolle Abluft- und Zuluftanlage, die Unterdruck- und Temperaturgesteuert ist.
Hier müssen man als UV-Anwender sehr viel tun, damit zusammen mit der Alkoholreduzierung weder, Lackdämpfe, Ozon oder andere Geruchs oder Atemluftbelastungen im Drucksaal entstehen können. Das ist bei uns bisher schon vorbildlich erfüllt zum Wohle unserer Drucker und unserer Umwelt und wir arbeiten weiter dran.
Seit Januar diesen Jahres haben wir sehr viel Hybrid-Erfahrungen sammeln können.
Ich sage Ihnen glänzen macht Spaß.
Es sind ja besonders diese neuen Erfahrungen mit Lack die unsere Kunden und uns selber begeistern.
Lack als Design, Lack als grafisches Gestaltungselement, Lack um Farben neu zu erleben, für neue Farbeindrücke, Glanz und Lackstruktureffekte, Lacke hochglänzend, seidenmatt oder perlmatt, das sind die faszinierenden Möglichkeiten der Veredelung repräsenativer Drucksachen aber auch von Zeitschriften- und Broschürenumschlägen.
Anrede
Hybrid ist eine neue Spielwiese für innovative Grafiker und experimentierfreudige Drucker.
Denn ohne diese Freude an neuen Erfahrungen und neuen Eindrücken kann der Funke der Begeisterung über Hybrid nicht an Ihre Kunden überspringen.
Natürlich ist der Kaufmann und der Techniker gleichermaßen begeistert, dass nunmehr komplizierteste und überraschende Spot-Lackierungen einfach durch eine fünfte CTP-Druckplatte realisiert werden können und nicht mehr durch kostenintensives Plotten von Spezialhoch-Lackdruckformen.
Das positive feedback, dass natürlich umso mehr steigt je mehr wir unsere Kunden überzeugen können ist ebenso zu betonen, wie die gute Laune der Verkäufer, die seit langem mal was ganz Neues anbieten und verkaufen können. Mit Wasser kochen kann ja jeder.
Für die neue Kundenbegeisterung sind repräsentative Muster notwendig, die viel Zeit brauchen und die Zeit müssen Sie sich nehmen. Was Sie hier investieren, zahlt sich später doppelt und dreifach aus. Natürlich gehören dazu Erklärungen, Erläuterungen und Vorschläge.
Was für Muster sind das? Natürlich entsteht der größte und faszinierenste Aha-Effekt und ein schon fast kindliches Staunen beim Kunden, wenn er die neuen Lackstruktureffekte fühlt, die Differenz zwischen Hochglanz und Matt- bzw. Perlmattstruktur als Ergebnis eines einzigen Druckganges und eines einzigen Lackwerkes und nur einer Sorte Lack.
Diese neue Haptik ist ein Erlebnis für uns und für unsere Kunden. Es ist wohl unnötig zu sagen, dass die Hochglanzflächen nicht nur glänzen sondern einfach scharf aussehen.
Ich garantiere Ihnen, diese Flächen sind so glatt, dass es selbst für intelligente Stubenfliegen nicht möglich ist, darauf zu landen. Die rutschen einfach darauf aus...
Wie sollten die Muster aussehen?
Nun das muß eine Überblick über alle Möglichkeiten sein, die dieses neue Verfahren realisieren kann: Materialmuster, Farbmuster, Glanzmuster, Lackstrukturmuster, Muster für Lackgrafik und Lackgestaltung.
Und nehmen Sie sich Zeit dafür, ja, das kostet was.
Aber wann waren Sie zum letzten Mal richtig neugierig auf Ihre Druckergebnisse.
Jetzt können sie und Ihre Kunden es wieder sein.
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Nun komme ich zu einigen praktischen, technischen Erfahrungen mit Lacken und Kombination von Lacken, die ich berichten möchte.
Mit bisher guten Erfahrungen setzen wir ein:
Weilburger UV Hybrid Effektlack, Hybrid Effektlack Nr. 360052
Weilburger UV Hochglanzlack, UV Hochglanzlack Nr. 360022
Öldrucklack zur Effekterzielung im Hybrid, Epple Offset Effektlack Starbite 1290
Hostmann Steinberg, Überdrucklack 210542
Damit erzielen wir drei Effekte:
Effekt 1 - Hochglanz - Mattierung
Glanzverhältnis 90 - 40 Glanzpunkte
Effekt 2 - Hochglanz – leichte Perlstruktur
Glanzverhältnis 90 - 50 Glanzpunkte
Effekt 2 - Hochglanz – starke Perlstruktur
Glanzverhältnis 90 - 40 Glanzpunkte
Zur Zeit noch unbefriedigend ist:
1) Die Tatsache, dass wir noch relativ viel Öldrucklack im fünften Werk fahren müssen, um die entspechenden Kombinations-Effekte zu erzielen.
Das bedeutet einen sehr hoher Lackverbrauch. Leider kann durch die Zuschaltung von Infrarot-Trockenern das Abbinden und die Effekterzielung nur bedingt beeinflusst werden.
2) Hybrid -Euroskala Farben sind z.Zt. sehr teuer.
3) Durch den technologisch bedingten Einsatz der Zwischentrockner, kommt es auf den Gegendruckzylindern an den nichtdruckenden Flächen zum Einbrennen, d.h. Härten der Farbe auf dem Gegendruckzylinder
Es ist dringend erforderlich, in den Werken in denen die Zwischentrocknung erfolgt, einen entsprechenden Formatbogen für das Gummituch anzufertigen.
Optimal wäre eine formatbezogene und formatvariable Zwischentrocknung, d.h. die Zwischentrockner öffnen nur über dem eingestelltem Druckbogenformat.
4) Weiterentwicklungsfähig sind sicher noch die Photoinitiatoren im UV Lack.
5) Weiterentwicklungsnotwendig sind auf jeden Fall alle für die Geruchsentwicklung zuständigen Faktoren.
Anrede
Neue Herausforderungen werden nicht von Hasenfüßen gewonnen, denn:
„Wer immer nur tut was er kann, der wird immer bleiben was er ist.“
Unsere neue Vier-Sterne Fünfarben-Druckmaschine KBA 105 ist zweischichtig ausgelastet und es ist absehbar, dass wir mit UV und Hybrid richtig Geld verdienen können.
Dafür sind die materiellen Grundlagen gelegt, und dafür haben wir mit Neugierde und Phantasie experimentelle Erfahrungen gesammelt, um nicht zu sagen richtig studiert.
Wir wissen, meine Damen und Herren, um an den Anfang meiner Rede zurückzukommen:
„Egal ob Du Löwe oder Gazelle bist, wenn die Sonne aufgeht, musst Du rennen.“
Aber bei aller modernen Technik, bei allem eingesetztem Kapital, vergessen wir einen Satz des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Heinrich Nordhoff von VW nicht, den er im Jahre 1951 gesagt hat und der noch heute genauso oder erst recht so gilt:
„Den Wert eines Unternehmens machen nicht die Gebäude und die Maschinen und auch nicht seine Bankkonten aus.
Wertvoll an einem Unternehmen sind nur die Menschen, die dafür arbeiten und der Geist, in dem Sie es tun.“
Das ist auch mein Leitgedanke und das sollte der Leitgedanke aller modernen Unternehmen und aller modernen Unternehmer sein.
Denn mit unseren Mitarbeitern haben wir Erfolg. Sie zu qualifizieren, sie zu belohnen und sie zu motivieren ist unser gemeinsamer Erfolg.
Ich danke Ihnen.