Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 15.03.2004

Fehlspekulation: Die Affäre Pilz ist auch politisch zunehmend brisant

Kommentar von Hubert Kemper
 
Wann Eberhard Pilz in den Ruhestand treten wird, ist Sache des Innenministers und des Ministerpräsidenten. Ihre Aufgabe ist es, den politischen Schaden, den der Wirbel um den Iandespolizeipräsidenten ausgelöst hat, zu begrenzen.

Die Dimension des Falles haben beide unterschätzt, vor allem Rasch. Selbst politische Freunde sind entsetzt, mit welcher Instinktlosigkeit der Innenminister sein Schicksal mit dem seines Polizeichefs zu verbinden droht. Offenbar unterstellt er, dass seinem eigenen Vorbild von menschlicher Integrität auch Spitzenbeamte genügen müssen. Die Amtszeit des sächsischen Innenministers ist negativ geprägt von den Folgen dieser Fehleinschätzung.

Tragisch könnte die Entwicklung verlaufen, sollte Rasch in seiner Wagenburg-Mentalität verharren. Den Landespolizeipräsidenten mag er rechtlich frei sprechen, doch mit welchen Folgen für dessen ohnehin ramponiertes Ansehen und das seines Ministeriums?

Vergeblich hat Rasch versucht, die Angriffe auf Pilz als lästiges Ergebnis des Postengerangels bei der Polizeireform bei begrenztem Medien-Interesse klein zu reden. Bei dieser verengten Sichtweise übersah er, wie sich Strukturen in seinem Haus verselbständigten und den Rückschlageffekt verstärkten. Nun steht er vor einem Scherbenhaufen. Pilz hat mit seinem Image auch seine Vorbildfunktion eingebüßt, Staatssekretär und Pressesprecher sind angezählt, das Beziehungsgeflecht von Polizeigewerkschaft, ihren Wirtschaftstöchtem und Ministeriumsspitze ist offengelegt, ohne vor weiteren Überraschungen sicher zu sein.

Die Bürger haben ein Anrecht auf eine integre Polizeiführung, die Beamten vor Ort erst Recht. Im Superwahljahr sucht die regierende CDU ein Ende der Skandal-Welle in Sachsen. Bisher hat der Innenminister die Aufklärung allerdings der Presse überlassen.